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Sind vier Opernhäuser für eine Stadt wie Berlin nicht genug? Offensichtlich nicht, denn neben der Deutschen Oper, der Staatsoper, der Komischen Oper und der Neuköllner Oper gibt es schließlich noch die Berliner Operngruppe, die einmal im Jahr eine italienische Oper aufführt und dazu hat sich, allerdings sich nicht auf die Gattung beschränkend, auch noch der Klangkörper Eroica Berlin unter seinem Dirigenten Jakob Lehmann gesellt und hat 2022 Gioacchino Rossinis Oper L’Italiana in Algeri halbszenisch aufgeführt. Davon gibt es seit kurzem eine 2-CD-Aufnahme, die dem Hörer viel Freude bereiten kann.
Das Ensemble hat sich erst 2015 gegründet, spielt Musik teilweise auf historischen Instrumenten und zwar meistens im Kino Delphi in Berlin Weißensee, ist aber auch bereits in der Hamburger Elbphilharmonie, dem Linzer Brucknerhaus und der Berliner Philharmonie aufgetreten. Die Musiker halten mehrere Programme, die man buchen kann, bereit, man kann zwischen Bach, Mozart und einem Wagner-Beethoven-Konzert wählen und eventuell Lioba Braun oder Mojca Erdmann hören. Dabei ist nicht nur ein Hörgenuss garantiert, sondern im Eintrittspreis von 20 Euro für die Kammerkonzerte ist jeweils auch ein Getränk inbegriffen.
Die bei PanClassics erschienene Aufnahme ist, wie der Beifall nach den einzelnen Musiknummern beweist, der Mitschnitt von einem Konzert und vereint eine prominente Sängerbesetzung mit einer hochprofessionellen Orchesterbegleitung. Das Zusammenspiel von modernen Holzbläsern und Streichern mit Darmsaiten ist effektvoll und die Begleitung der Rezitative nicht nur mit einem Tasteninstrument , sondern mit Cello, Kontrabass und Hammerklavier macht Sinn.
Bereits in der Sinfonia werden, was Lautstärke und Geschwindigkeit betrifft, alle Kontraste ausgereizt, blitzt Ironie auf, und die Finali werden geschickt in ständiger Steigerung aufgebaut. Die Frische des Spiels, das harmonische Miteinander mit den Sängersolisten versetzen den Hörer zunehmend in gute Laune. Der Neuer Männerchor Berlin ist zwar klein, aber fein.
Von der Lindenoper her bekannt ist der Säger des Mustafa, David Oštrek, der den sexgierigen Herrscher mit einem süffigen „me la voglio goder“ charakterisiert, der die notwendige Agilität für Rossini besitzt und sich nicht nur mit „già d’insolito ardore“ noch einmal zu steigern weiß. Einen stilsicheren, sensiblen Lindoro singt Miloš Bulajić, weiß seinen Tenor in beachtliche Höhen zu schrauben und ist mit „Languir per una bella“ in seinem vokalen Element. Nur hin und wieder ist die Registerverblendung noch nicht perfekt. Zwei tadellose Baritone sind mit Adam Kutny als Haly und mit Manuel Walser als Taddeo zu hören, sehr sonor der eine in seiner Charakterisierung der italienischen Frauen, geschmeidig der andere in „Ho un gran peso“.
Auch noch in der Höhe eine schöne Mezzofarbe hat die Stimme von Hannah Ludwig als Isabella, viele warme, weiche Töne, ihre Stimme kann Ironie ausdrücken und in „Per lui che adoro“ ist die Stimme wie aus einem Guss, was bei Intervallsprüngen nicht durchweg der Fall ist, aber bei einer raffinierten Wiederholung mit schönen Verzierungen kaum ins Gewicht fällt. Mit leichter Emission der Stimme und angenehmer Frische erfreuen die Elvira von Polly Ott und die Zulma von Laura Murphy. Was man auf diesen beiden CDs zu hören bekommt, hätte auch an einem der großen Opernhäuser der Stadt kein Missfallen erregt (PanClassics PC 10455). Ingrid Wanja