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Bei Bongiovanni ist der Mitschnitt von Pietro Generalis „Straßenmusikantin Cecchina“ beim noch jungen Festival Il belcanto ritrovato in Pesaro im Jahr 2022 herausgekommen. Das verdienstvolle Angehen, „kleinere“ italienische Komponisten aus der Belcanto-Periode wieder zu entdecken und zum Leben zu erwecken, ist dem Festival-Intendanten Rudolf Colm zu verdanken (s.o. das Interview mit ihm in operalounge.de).
Der am 4. Oktober 1783 in Masserano geborene Pietro Generali wuchs in Rom auf, wo er eine musikalische Ausbildung erhielt, die neben der geistlichen Musik auch Opernkompositionen umfasste, und die er am Konservatorium von S.Pietro a Majella in Neapel noch kurz fortsetzte. Wieder in Rom, begann seine Laufbahn als Opernkomponist im Jahr 1800 (a.a.O. 1802) mit seiner ersten Oper Gli Amanti ridicoli, der noch mehr als 40 Opern folgten. Generali schrieb für italienische und ausländische Städte auf Bestellung, wirkte aber auch im europäischen Ausland und leitete u.a. 1817-1821 das größte Theater in Barcelona. Er soll einen sehr liederlichen Lebenswandel geführt haben, dessen Folgen ihm Einbußen an Gesundheit und Laufbahn brachten. 1823 war sein Opernschaffen nahezu beendet; 1827 wurde er Domkapellmeister in Novara, wo er sich bis zu seinem Tode 1832 immer mehr der Kirchenmusik und dem Unterrichten zuwandte.
Gaetano Rossi – der Librettist mehrerer Opern Rossinis – schrieb auch für Generali die Vorlage zu der einaktigen „farsa“ Cecchina, die 1818 im Teatro Nuovo in Neapel uraufgeführt wurde. Im Inhalt geht es um soziale Unterschiede: Da sind zunächst Cecchina aus Savoyen, die es in Paris als einfache Straßenmusikantin mit der Drehleier unauffällig zu einem gewissen Reichtum gebracht hat, und der sich als mittellosen Maler ausgebenden Enrico, die sich lieben; ein Consigliere umschwärmt seinerseits Cecchina, während der Duca di Rosmond (Onkel Enricos) sich gegen eine Verbindung beider stellt. Sozusagen als Buffopaar gesellen sich das Kammermädchen Fiorina und Andrea, ein junger Mann aus Cechinas Heimat (ihr Bruder) dazu. Das Ganze findet ein positives Ende, als Papiere auftauchen, die die edle Herkunft Cecchinas bescheinigen, so dass der Verbindung der Liebenden nun nichts mehr im Wege steht,.
Die musikalische Leitung der Aufführung lag in den Händen von Daniele Agiman, der das Orchestra Sinfonica G.Rossini zu Top-Leistungen anspornte. Von der Sinfonia an gelingt lockeres, leichtes Musizieren durchgehend in allen Instrumentengruppen. Die Titelrolle war der Sopranistin Jolanda Massimo anvertraut, die über eine klare, höhensichere Stimme verfügt, die bestens durchgebildet die lyrischen Phasen ihrer Rolle (Dico, Giannetta) ebenso beherrscht wie die glitzernden Koloraturen (Mi ritornai il buon umore); man leidet echt mit ihr in der Szene Che scopersi!. Ihr geliebter Enrico wird von dem jungen Tenor Pierluigi D’Aloia verkörpert, der ebenfalls die Palette von lyrischer Anbetung bis zu dramatischer Emphase ausreizt (z. B. Ah, tu sei tutto). Paolo Ingrasciotta als eitler Consigliere verfügt über einen eher weichen, schwärmerischen Bariton, der sich aber auch energisch durchzusetzen weiß. Dazu passt sehr gut der etwas dunklere Bariton des russischen Sängers Alan Starovoitov, der als Duca die Wandlung vom feindlich energischen zum liebenswürdig schmeichelnden Onkel Enricos hörbar macht. Der aus Buenos Aires stammende Ramiro Maturana (Andrea) als naiver Junge aus Savoyen erfreut mit flexibler Stimmführung; sehr gelungen ist seine große „Tanzszene“ Noi salziamo al far del giorno. Das junge Solistensextett wird abgerundet durch Annya Pinto, die als Fiorina mit hörbarem Charme und geläufigen Koloraturen ihres sauberen Soprans begeistert. Dieser Einakter ist eine lohnende Ausgrabung, die sicher noch häufiger nachgespielt werden wird. Durch die kleine Solistenbesetzung, ohne Chor und Ballett bietet er sich für publikumswirksame Aufführungen an kleineren Theatern und Hochschulen an. Die Einspielung wird ergänzt durch zwei Boni von Generali: Die flott gespielte Sinfonia zu La Testa meravigliosa und die Arie Sorgerà la nuova aurora aus Pamela nubile – mit leuchtenden Soprantönen gesungen von Annya Pinto – machen Lust auf mehr von Pietro Generali (Bongiovanni, GB 2607/8-2). (3.10.2023) Marion Eckels