Musik für das Ospedaletto

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Die vier Ospedali Grandi Venedigs boten über Jahrhunderte Bedürftigen ein Heim und sogar eine musikalische Ausbildung – waren es Bettler, Kranke, Findelkinder oder Obdachlose. Der renommierte neapolitanische Komponist Nicola Antonio Porpora zählte neben Antonio Vivaldi zu den musikalischen Berühmtheiten, deren Karrieren mit den Ospedali in Verbindung standen. Er unterrichtete zwischen 1729 und 38 am Incurabili, zwischen 1742 und 43 am Pietà und zwischen 1742 und 47 am Derelitti, auch Ospedaletto genannt. Dort traf er die begabte Altistin Angiola Moro, la „Anzoletta“, für die er anspruchsvolle Solopartien schuf.

GLOSSA/Note 1 hat nun eine CD herausgebracht, die im September 2022 in Brixen entstand (GCD 923537). Solistin ist die italienische Mezzosopranistin/Altistin Josè Maria Lo Monaco, die vom Ensemble Stile Galante unter Leitung von Stefano Aresi begleitet wird. Sie interpretiert zwei virtuose Motetten und ein Salve Regina, von Porpora zwischen 1744 und 45 komponiert.

„Placida surge, Aurora“ besteht aus vier Sätzen wie auch „Qualis avis cui perempta“. Die erste Motette beginnt mit einem munter beschwingtem Thema und verlangt der Interpretin wegen der langen Bögen große Atemreserven und wegen der anspruchsvollen Verzierungen ein virtuoses Vermögen ab. Lo Monaco wird diesen Ansprüchen beeindruckend gerecht. Zudem lässt sie erkennen, dass das historische Vorbild neben der außerordentlichen Begabung einen beachtlichen Stimmumfang gehabt haben muss. Die Komposition endet mit einem jubelnden „Alleluia“, in welchem die Stimme funkeln kann.

Das Salve Regina ist siebensätzig und beginnt mit einem getragenen, ernsten Satz, dessen Titel dem Werk den Namen gab. Lo Monacos Stimme klingt hier recht larmoyant, um nicht zu sagen wimmernd. Einen günstigeren Eindruck hinterlässt sie in dem energisch auftrumpfenden 2. Satz, „Ad te clamamus“, in welchem zudem die virtuosen Koloraturgirlanden imponieren. Krönender Abschluss ist das wiegende „O clemens“, kommt der tiefe Mezzo (oder hohe Alt) in seiner reizvoll herben Struktur hier doch bestens zur Geltung.

Die zweite Motette besteht wie die erste aus einem Rezitativ, zwei Arien (der schmerzlichen „Qualis avis cui perempta“ und der hoffnungsvollen „Da per Te, Virgo Regina“) sowie dem finalen „Alleluia“, welches das Album in heiterer Virtuosität enden lässt.

Das Programm der CD wird ergänzt durch Porporas populäres Cellokonzert in G-Dur mit vier Sätzen, womit eine Tradition aufgegriffen wird, welche am Ospedaletto gepflegt wurde – nämlich die Aufführung von Vokalwerken mit Cellokonzerten zu kombinieren, weil der virtuose Cellist Niccolosa Fanello im Orchester wirkte. In der GLOSSA-Einspielung wurde der Solopart Agnieszka Oszanca übertragen, die ihn gleichermaßen mit Bravour wie Empfindungsreichtum ausfüllt. Bernd Hoppe