A better world to live in

Das sprichwörtliche Veronika, der Lenz ist da ist beileibe nicht der bekannteste Titel des Walter Jurmann, dessen Biografie jetzt der Publizist und Filmproduzent Eberhard Görner vorlegt. Viele davon hat uns erst wieder Max Raabe nahe gebracht, der in seinen unnachahmlichen Moderationen auch nie den Textdichter, in vielen Fällen Fritz Rotter, unterschlug: Mein Gorilla hat‘ ne Villa im Zoo, Frauen brauchen immer einen Hausfreund, Eine kleine Reise im Frühling mit Dir usw. Das waren die Berliner Schlager der 1920 und 30er Jahre, die von den Comedian Harmonists, Richard Tauber, Hans Albers und Jan Kiepura gesungen wurden, von dem Görner die nette Anekdote berichtet, wie er vor der Berliner Staatsoper vom Dach eines Taxis aus Ninon aus dem neuen Film Ein Lied für Dich gesungen hat (was Kiepura aber gerne und regelmäßig gemacht hat).

Als einer seiner größten Erfolge, der Titelsong des Films San Francisco mit Clark Gable und Jeanne MacDonald, in Deutschland erstmals im Berliner Capitol Kino erklang, hatte Jurmann Deutschland bereits verlassen. Sein Name wurde im Abspann nicht genannt. Im Gegensatz zu Kollegen wie Benatzky oder Abraham fand sich Jurmann, nach einem relativ kurzen Aufenthalt in Paris, wo er unter dem Namen Pierre Candel schrieb und von Josephine Baker und Tino Rossi interpretiert wurde, als Vertragskünstler von MGM in Hollywood zurecht. Jetzt sangen Mario Lanza, Judy Garland und Deanna Durbin („Thank you America“ bei der dritten Amtseinsetzung von Roosevelt) seine Lieder. Görner folgt dem Weg des 1903 in Wien geborenen und 1971 während einer Urlaubsreise in Budapest, dem Geburtsort seiner Frau, gestorbenen Jurmann auf etwas sprunghafte Weise („Doch wir wollen der Zeit nicht vorauseilen…“, „Gehen wir noch einmal ein paar Jahre zurück“), der Stil ist manchmal floskelhaft – die Tasten des Flügels sind natürlich „schwarz-weiß“, Tauber war ein „begnadeter“ Tenor und Berlin ein „Mekka der Musik und des Films“ – und die ausführlich eingestreuten Ausschnitte aus Interviews mit Jurmanns Gattin Yvonne haben nicht durchweg hohen Informationswert. So glamourös dieses Musikleben zweifellos war, so seltsam glatt bleibt doch dieses Buch, das mir Jurmann nicht auf so dichte Weise vermittelt, wie es beispielsweise Henneberg in seinem Buch über Benatzky gelang, allerdings vermittelt es, und das war vielen vermutlich nicht bewusst, den durchaus internationalen Rang dieses Komponisten, der neben dem offiziellen Song San Francisco auch die Hymne der Stadt Antonio komponierte, u. a. die Musik zur Meuterei auf der Bounty und A night at the Opera schrieb, sich an einem Musical versuchte, aber bereits in den 1940er Jahren aus dem Geschäft zurückzog. Noch das späte, auf der CD als Zugabe präsentierte A Better World to Live  beweist das, was Max Raabe im Vorwort als Jurmanns Qualitäten hervorhebt: „Walter Jurmann war in der Lage, in den Ländern, in denen er lebte, für das Land typische Werke zu schaffen…. In Deutschland kennt jeder sein Lied Veronika, der Lenz ist da – in Frankreich Ninon – in den USA San Francisco. Titel die jeder kennt, auch wenn er den Namen des Komponisten nicht kennt.“

Rolf Fath

Eberhard Görner Walter Jurmann. Sein Leben, seine Musik.  288 Seiten, mit CD, Henschel Verlag, 24,95 €.