Heine- und Goethe-Lieder

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Im Frühjahr dieses Jahres standen Heinrich-Heine-Gedichte im Focus einer neuen Einspielung bei ETCETERA. Unter dem Titel Mit Myrten und Rosen präsentieren die belgischen Künstler Werner Van Mechelem (Bass-Bariton) und Sylvie Decramer (Klavier) Lieder von Robert und Clara Schumann sowie Franz Schubert und Felix Mendelssohn Bartholdy. Franz Schubert war der Erste, der Heines Poesie für Liedvertonungen entdeckte. Sechs vorwiegend schwermütige Lieder – erst kurz vor seinem Tod entstanden – lagen Werner Van Mechelem sehr gut: Mit technisch bestens durchgebildeter Stimme, die über einen ausgeglichenen, großen Tonumfang verfügt, überzeugt er besonders in Der Atlas mit dramatischer Steigerung des konzentrierten Gefühls. Das einfühlsame Klaviervorspiel von Sylvie Decramer zu Die Stadt bereitete dem Sänger den Boden, auf dem er seine Interpretation der großen Weite und des Schmerzes ausbreiten konnte. Die meisten Heine-Vertonungen allerdings gibt es von Robert Schumann: Die Dichterliebe und fünf ausgewählte Lieder haben den Weg zur Aufnahme gefunden. Der Start Im wunderschönen Monat Mai wird nach meinem Geschmack zu sehr zelebriert; man muss sich auch erst an die ausgeprägte Artikulation des Sängers gewöhnen, die Vieles zu kontrolliert und künstlich erscheinen lässt (u.a. Das ist ein Flöten und Geigen). Intensiv gestalten die Künstler Ich hab‘ im Traum geweinet mit passend langen Pausen am Schluss; besonders beeindrucken die endlosen Atembögen in Ich will meine Seele tauchen. Einprägsam gelungen ist nach Die alten, bösen Lieder das wie bei Schumann üblich das lange Nachspiel zum Liederkreis. Die beiden Lieder von Clara Schumann Sie liebten sich Beide und Ich stand in dunklen Träumen sind kleine Kostbarkeiten, die mit der notwendigen Schlichtheit geboten werden. Last not least wird die CD ergänzt durch eins der sieben Lieder nach Heine-Gedichten von Felix Mendelssohn-Bartholdy Auf Flügeln des Gesanges. Es ist ein fließendes Lied im 6/8el-Takt, bei dem Träumen unter Palmen am Ganges durch weichen Gesang und perlende Klaviertöne suggeriert wird. Leider ist das instruktive Beiheft mal wieder nur auf Englisch, Französisch und Niederländisch, aber dafür die Liedtexte nur in Deutsch. Allerdings fehlt beim Text des namengebenden Liedes Mit Myrten und Rosen die letzte (6.) Text-Strophe; auf die leere halbe Seite hätte das noch gepasst!  (ETCETERA KTC 1818).

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Ebenfalls noch relativ neu sind die Goethe-Lieder  mehrerer Komponisten, die von Fanie Antonelou und Sofya Gandilyan bei Coviello Classics eingespielt wurden. Wie Letztere im sehr guten Beiheft ausgeführt hat, wollten sie die Zuhörer mitder musikalischen Vielfalt, die Goethe einst umgab, und den Werken seiner Zeitgenossen vertraut machen“. Jedem dieser Komponisten war Goethe persönlich begegnet (außer Mozart). Lieder von Ludwig van Beethoven eröffnen die CD: Nach dem frischen Maigesang zum Auftakt erklingen Drei Gesänge op.83, die es Fanie Antonelou ermöglichen, ihrn klaren, flexiblen Sopran vorzustellen. Auch Sofya Gandilyan am Hammerklavier erfreut mit der geforderten Fingerfertigkeit und impulsgebender Unterstützung für die Sängerin. Intensiver ist ihre Gestaltung u.a. in Sehnsucht (WoO 134 No.4) und Neue Liebe, neues Leben op.75 Nr.2. In Carl Friedrich Zelters Lied Rastlose Liebe kommt das Rastlose sehr gut zur Geltung, was allerdings bei der hohen Tessitura und stürmischen Tempos dieses Liedes an Textverständlichkeit einbüßt; dafür kommt die technische Versiertheit der Pianistin besonders zur Geltung. In Gleich und gleich  kann Fanie Antonelou zeigen, dass sie auch mit leichten Verzierungen und Koloraturen vertraut ist. Johann Friedrich Reichardt hat sich ebenfalls mit Rastlose Liebe beschäftigt, es aber nicht so ideenreich in seiner Komposition umgesetzt. Im Erlkönig hat die Sopranistin die unterschiedlichen Charaktere sehr gut herausgearbeitet. Für dieses Lied und noch vier weitere auf der CD wurde ein anderes Hammerklavier benutzt als für die übrigen, da es wohl eine etwas dunklere Klangfarbe aufweist. Wolfgang Amadeus Mozart hat nur ein Gedicht von Goethe vertont, das berühmte Veilchen KV 476, das hier leichte Intonationstrübungen aufweist. Die Romance der Polin Maria Szymanowska (1789-1831) fällt völlig aus dem Rahmen. Denn es besteht nur ein ganz loser Zusammenhang mit Goethe, der sie als Pianistin und Komponistin schätzte. Die Romance besteht aus einem kurzen französischen Text, den der russische Fürst Galitzin vertont hat, und zu dem die beiden Künstlerinnen eine passende Klavierbegleitung geschaffen haben; dem schließt sich eine fast fünf-minütige Klavierbearbeitung von Szymanowska über die Gesangsmelodie an. Das Beiheft enthält in dem inhaltsreichen Artikel von Sofya Gandilyan auch Interessantes über die Hammerklaviere, die bei der Aufnahme zum Einsatz kamen (Coviello Classics, COV 92313). Marion Eckels