Aus der Oper Frankfurt

 

Marie Stejskalová las die Lidové noviny und musste herzlich über die Bilderfolge von von Stanislav Lolek und die Texte von Rudolf Tésnohlidek lachen. Durch das Lachen der Hauswirtin wurde Leos Janáček auf die Abenteuer des Füchsleins in den Lidovky aufmerksam, für die er selbst regelmäßig Feuilletons schrieb. Die Idee zur siebten seiner zehn Opern, die am Tag seines 70. Geburtstags 1924 in Brünn uraufgeführt wurde, war entstanden. Bald war klar, dass die Vorlage geändert werden musste, um dramatische Konturen zu gewinnen, die Geschichte lustig beginnen, sich ernsthaft entwickeln und schließlich wieder heiter enden solle. Weniger als die Hälfte der 23 Kapitel Tésnohlideks wählte Janáček dazu aus, wobei er endlich auf seine Notizen über das Gezwitscher der Vögel seines Gartens zurückgreifen: ein Kreislauf des Lebens, in dem Janáček die menschlichen und tierischen Figuren in Analogie setzte und den Förster am Beispiel des jungen Füchsleins, welches am Ende Mutter einer großen Fuchsfamilie ist und von einem Wilddieb erschossen wird, mit dem Leben versöhnen.

An der Oper Frankfurt, wo 2016 eine Neuinszenierung der Oper herauskam (Inszenierung: Ute M. Engelhardt), braucht Johannes Debus 90 Minuten, um diese Bilder zu umreißen, um zwischen Wald und Försterhaus, Fuchsbau und Schenke, Garten und Lichtung die mährische Landschaft zu erkunden. Den ständigen Wechsel der Perspektiven fängt Debus, wie jetzt auf der CD nachzuerleben (Oehms Classics 2 CD 982), mit der Akribie eines Sachwalters um, der sich Janáčeks musikalische Forschung und minutiöse Klangrede zu eigen gemacht hat. Im klaren und direkten Klagbild erhalten die Tiere des Waldes, die Grille, Heuschrecke, Mücke und der quakende Frosch, eine Stimme, sind sie mit ihren kurzen Kommentaren und Geräuschen nicht nur trefflich charakterisiert, sondern fast greifbar wie im Streichelzoo. Dennoch herrschen ein wuselndes Eilen und Rennen, Flirren und Gewebe und eine quecksilbrige Ruhelosigkeit, wo man sich manchmal einen Augenblick des Verweilens wünscht. Die Wiedergabe wird bestimmt vom reaktionsschnellen Wechsel, dem szenischen Drive, der durch die Bühnengeräusche verstärkt wird, aber auch die gute Arbeit mit dem Ensemble und der lebhaften Klangrede, seien es die Kinder Frantik und Pepik (Ioannis Germanidis und Jascha Mössle) und der weise Dackel (Nina Tarandek), sie alle blitzen als lebhafte Episoden auf. Louise Alder ist ein körperhaft sinnliches Füchslein Schaukopf, farblich gut abgesetzt die Mezzosopranistin Jenny Carlstaedt als verführerischer Fuchs – beider Begegnung gerät um reizvollen Verführungsakt. Als trinkfreudiger Schulmeister klingt Beau Gibson etwas verdruckst, als Pfarrer Magnús Baldvinsson angemessen altväterlich. Simon Neal als Förster und Sebastian Geyer als Haraschta wirken etwas strapaziert, was ihren Rollenbildern kaum Abbruch tut. An Aufnahmen des Schlauen Füchsleins bestand eigentlich kein dringender Bedarf – wenngleich die großen Aufnahmen von Bohumil Gregor 1970 bzw. von Charles Mackerras und Václáv Neumann auch schon Anfang der 80er Jahre entstanden –  doch diese präsente, plastisch klare, gut durchhörbare und durch gestische Beredsamkeit und dramatische Intensität bezwingende Aufnahme ist ein Gewinn. Rolf Fath