Denkt man an Hans Zender, geboren am 22. November 1936 in Wiesbaden, so wird man stets seine Doppelrolle als Komponist und als Dirigent berücksichtigen müssen. Auf beiden Feldern hat er sich einen Namen gemacht. Dies deutete sich bereits in seiner Ausbildung an, wo er sich der Komposition, dem Klavierspiel und eben dem Dirigat widmete. Als Tonschöpfer war er Anfang der 1960er Jahre der avantgardistischen Linie nahestehend und wandte sich in den 1970ern von den abendländischen Traditionen ab, um sich dem fernöstlichen Denken anzunähern. In seiner neuen Harmonielehre bezog er auch die „Schwesterkünste“ sowie die Philosophie mit ein und betrachtete sich als geschichtsbewussten Künstler. Die sogenannte „komponierte Interpretation“, gleichsam die Verwandlung und Neudeutung wichtiger Musik vergangener Tage, geht auf ihn zurück und zeigte sich in Rekreationen wie Schuberts „Winterreise“ oder der Schumann-Phantasie. 2005/06 war er folgerichtig Composer-in-residence des Deutschen Symphonie-Orchesters Berlin.
Als Dirigent zeichnete er sich durch die enorme Breite seines Repertoires aus, welches vom Barock bis in die Gegenwart reichte. Besonders im Fokus standen für Zender die Komponisten Schubert, Mendelssohn und Mahler, Reger, Hindemith und Messiaen, aber gerade auch Bernd Alois Zimmermann, zu dessen wichtigsten Interpreten er gezählt werden muss. Bereits im Alter von gerade 27 Jahren übernahm er seinen ersten Chefdirigentenposten an der Oper Bonn (1964-1968). In rascher Abfolge amtierte er als Generalmusikdirektor in Kiel (1969-19729, als Chefdirigent des Rundfunk-Sinfonieorchesters Saarbrücken (1972-1984) sowie als Hamburgischer Generalmusikdirektor (1984-1987). Internationalität bewies Zender durch seine späteren Engagements beim Radio Kamer Orkest des Niederländischen Rundfunks sowie als Erster Gastdirigent der Opéra National in Brüssel. Als ständiger Gastdirigent des SWR Sinfonieorchesters Baden-Baden und Freiburg knüpfte er ab 1999 gleichsam an Michael Gielen an. Nach der Niederlegung dieses Postens im Jahre 2010 scheint er keine festen Dirigentenpositionen mehr angenommen zu haben.
Aus seiner recht reichhaltigen Diskographie sind unbedingt hervorzuheben der Zyklus der Sinfonien von Schubert aus Baden-Baden (Hänssler), seine Mahler-Interpretationen aus Saarbrücken (cpo) sowie seine Beschäftigung mit der Musik Bernd Alois Zimmermanns von ebendort (cpo). Zenders Lesart von Zimmermanns Photoptosis darf ohne Wenn und Aber als die Referenzeinspielung gelten.
Genau einen Monat vor Vollendung des 83. Lebensjahres starb Hans Zender am 22. Oktober 2019 an seinem Wohnort Meersburg am Bodensee (das Foto oben ist ein Ausschnott aus dem Cover der Hans-Zender-Edition des SR mit dem Orchester des Saarländischen Rundfunks). Daniel Hauser