Mit Bedauern hörten wir vom Tode der italienischen Sopraistin Gabriella Tucci. Eine Hommage an die doch zu sehr im Schatten ihrer Kolleginnen Callas und Tebaldi sowie Olivero stehenden Künstlerin folgt nachstehend.
.Im Altern von 90 Jahren starb die italienische Sopranistin Gabriella Tucci am 11. Juli 2020 in Rom, in der Stadt, in der sie am 4. Agust 1929 geboren worden war. Nur zwei offizielle Aufnahmen gibt es von ihr, als Nedda mit Del Monaco und als Trovatore-Leonora mit Corelli, aber wenn man den Computer befragt, melden sich bei YouTube 32500 Ergebnisse, ihr Repertoire umfasste 80 Rollen, die Spannbreite reichte, abgesehen von auch modernen Partien, von Bellinis Elvira über Gilda, Violetta, Desdemona, Maddalena bis zu Tosca. Allein dreizehn Verdi-Partien hat sie in ihrer Karriere, die mit achtzehn Jahren noch während ihres Gesangsstudiums begann, gesungen, ebenfalls dreizehn Jahre lang gastierte sie an der Met, begleitete das Ensemble auf seinen Tourneen, ja nannte das New Yorker Theater auch „mein Opernhaus“. Im alten Gebäude trat sie gemeinsam mit Nikolai Gedda und Jereome Hines in der letzten Vorstellung, es war Gounods Faust, auf. Nur Caruso hat mehr Vorstellungen als italienischer Gast an der Met gesungen als sie.
Der später, auf dem Höhepunkt ihrer Karriere besonders als lyrisch-dramatisch geschätzte Sopran der Tucci, die seit ihrem fünften Lebensjahr Klavierunterricht erhielt, war bereits in deren jungen Jahren „ben impostato“, nur zur Vertiefung und Verfeinerung benötigte sie Unterricht, den sie bei Leonardo Filoni am römischen Conservatorio Santa Cecilia erhielt, der auch ihr Gatte und Vater ihrer zwei Söhne wurde. Ohne Skandale und Liebschaften („Ich habe lieber auf an das nächste hohe C als an Gefühle gedacht.“) verlief ihre Karriere. 1951 debütierte sie als Violetta in Lucca, ein Jahr danach gewann sie den renommierten Gesangswettbewerb Nuovi Voci in Spoleto als „prima assoluta“, sang hier an der Seite von Gigli die Forza-Leonora. Sie war an der Seite von Maria Callas Glauce in Cherubinis Medea beim Maggio Fiorentino, debütierte 1959 als Mimi an der Scala, wo sie 1961 in Brittens Midsummer Night´s Dream sang. Als Butterfly debütierte sie 1961 an der Met. Nach ihrer Lieblingspartie befragt, nannte sie einmal Piccinnis Didon.
„The voice is large and opulent. It possesses colour and it has warmth“, schrieb ein amerikanischer Kritiker über sie. Über heutige Protagonisten des Opernlebens konnte sich die Sängerin vor einigen Jahren nicht so positiv äußern, beklagte die Auswüchse moderner Regie, die mangelnde Ausbildung junger Sänger und deren schnelle Verheizung im Opernbetrieb. Als Lehrerin versuchte sie etwas auszugleichen an gegenwärtigen Missständen, offrierte ihren Schülern eine umfassende, nicht nur eine Meisterklasse umfassende Ausbildung, angefangen bei der richtigen Atmung. Für Italien wünschte sie sich, und das wohl auf absehbare Zukunft vergeblich, einen Musikunterricht wie in Japan oder den USA. Ingrid Wanja
(Foto oben: Gabriella Tucci als Butterfly/ Met Opera Archive).