Die ganz großen Dirigentenposten blieben Gabriel Chmura, geboren am 7. Mai 1946 in Breslau, zwar zeitlebens verwehrt, doch zählte er ohne Frage zu den bedeutendsten polnischen Dirigenten der letzten Jahrzehnte. Seine Nachkriegskindheit verlief turbulent. 1957 emigrierte Chmuras Familie nach Israel, dessen Staatsbürgerschaft er erhielt und wo er ab 1964 ein Klavier-, Kompositions- und Dirigierstudium in Tel Aviv aufnahm. Ab 1966 studierte er beim französischen Dirigenten Pierre Dervaux in Paris, ab 1969 beim österreichischen Dirigenten Hans Swarowsky in Wien weiter. Bereits kurz nach Studienabschluss 1971 gewann er den Ersten Preis des Dirigenten- Wettbewerbs der Herbert-von-Karajan-Stiftung in Berlin wie auch die Goldmedaille des Guido- Cantelli-Wettbewerbs der Mailänder Scala. 1974 avancierte er mit gerade 28 Jahren zum jüngsten Orchesterleiter Deutschlands, als er Generalmusikdirektor am Stadttheater Aachen wurde. Nach einem knappen Jahrzehnt erfolgte 1983 sein Wechsel zu den Bochumer Symphonikern (bis 1987) und anschließend ins kanadische Ottawa (bis 1990). Zwischen 2001 und 2007 stand Chmura dem Polnischen Nationalen Rundfunk-Sinfonieorchester in Katowice vor, bevor er schließlich 2012 künstlerischer Direktor des Opernhauses in Poznań wurde. Dort setzte er sich neben dem italienischen und französischen Repertoire gerade auch für die Musik Richard Wagners ein und brachte 2018 nach über einem Jahrhundert erstmals wieder Die Meistersinger von Nürnberg zur szenischen Aufführung. 2015 wurde er zum Ersten Gastdirigenten der Krakauer Philharmoniker ernannt. Gastdirigate führten ihn u. a. zu den Berliner Philharmonikern, zum London Symphony Orchestra, zum Orchestre National de France, zum Montreal Symphony Orchestra und zum Israel Philharmonic Orchestra. Chmura hat zahlreiche Aufnahmen vorgelegt, darunter Werke von Franz Schubert, Felix Mendelssohn, Gustav Mahler, Sergei Prokofjew, Mieczysław Weinberg und Zygmunt Noskowski für die Labels Deutsche Grammophon, Orfeo, Warner, Sterling, Chandos und Accord. Sein letztes Konzert dirigierte Gabriel Chmura am 2. Oktober 2020. Am 17. November dieses Jahres ist er im Alter von 74 Jahren überraschend in seiner Wahlheimat Brüssel verstorben (Foto ChmuraNwes). Daniel Hauser