Franz Mazura blickte auf eine der längsten Karrieren als Sänger zurück. Am 22. April 1924 in Salzburg geboren, studierte er an der Musikhochschule Detmold, wo er noch während seiner Ausbildung als Schauspieler auftrat. Seine Bühnenpräsenz dürfte nicht zuletzt auf diese frühe Erfahrung im Sprechtheater zurückzuführen gewesen sein. Er debütierte 1949 in Kassel, wirkte anschließend in Braunschweig und kam schließlich an das Nationaltheater Mannheim, dem er sich über viele Jahre verbunden fühlte. Gastspiele führten ihn an alle großen Opernhäuser der Welt. Bei den Bayreuther Festspielen galt er über zweieinhalb Jahrzehnte als eine der festen Stützen der wechselnden Ensembles. Erstmals trat er dort 1971 als Gunther in der Götterdämmerung auf – in einer ehr undankbare Rolle, der er auch in der abgefilmten Ring-Jubiläums-Inszenierung von Patrice Chereau ein starkes Profil verlieh. Mazura wertete die Figur derart auf, dass die Zuschauer auch dann gebannt waren, wenn er nicht zu singen hatte. Stand er auf der Bühne, stellte sich ganz automatisch Spannung ein. In Bayreuth wurde er auch als Klingsor, Gurnemanz und Alberich geschätzt. Einmal, nämlich 1988 in der Inszenierung von Harry Kupfer, war er auch als Wanderer im Siegfried besetzt. Ein Mitschnitt lässt ahnen, dass diese Aufgabe mit seinen stimmlichen Fähigkeiten nicht perfekt zu vereinbaren gewesen ist.
Noch 2019 machte er als der wohl älteste Strumpfwirker Hans Schwarz in den Meistersingern von Nürnberg an der Berliner Staatsoper von sich Reden. Zu seinen Altersrollen zählte auch Schigolch in der Lulu von Alban Berg. In der von Friedrich Cerha fertig orchestrierten dreiaktigen Version desselben Werkes, die 1979 in Paris unter großer Aufmerksamkeit der internationalen Musikwelt uraufgeführt wurde, war er der Dr. Schön. Auch davon haben sich faszinierende Ton- und Filmaufnahmen erhalten, während er in gängigen Opern wie Fidelio (Pizarro) oder Tosca (Scarpia), die er ebenfalls im Repertoire hatte, offiziell kaum dokumentiert ist. Mazura, dessen Bassbariton betont charaktervolle Züge trug, dürfte vor allem als Vertreter des Repertoires der Außenseiter in Erinnerung bleiben. Im Alter von 96 Jahren starb er am 23. Januar 2020 (Foto Wikipedia). RW