Ein Hochinteressanter

 

Mit großem Bedauern hören wir vom Tod des italienischen Dirigenten Claudio Scimone. Er war für mich einer der ganz wichtigen Beförderern der Rossini-Renaissance in Italien und weltweit mit seinen wunderbaren Aufführungen in Parma, Bologna, Pesaro und andernorts. Noch vor Alberto Zedda und den späteren wie Chailly, Pidò oder Ferro war er der Exponent für so herrliche Aufführungen wie die Italiana in Algeri (in der vielerorts in der gloriosen Hampe-Inszenierung die Damen Horne oder von Stade triumphierten, weltweit von Bologna, der Scala bis San Francisco, verfilmt und auf die CD gebracht). Scimone hatte diesen genialen Rossini-Touch, der von seiner starken Hinwendung zum Barock herrührte, in dem er vorher sich einen Namen mit seinen vielen Platten bei Erato gemacht hatte. Ich erinnere  mich an an manche aufregende Opernabende mit ihm in den Achtzigern, als die Rossini-Bewegung unter ihm Fahrt aufnahm (1986 der absolut wahnsinnige Abend des Maometto II in Pesaro mit der göttlichen Gasdia umgeben von der unvergessenen, sonoren Valentini sowie Merritt und Ramey unter Scimones schwungvoller Leitung), und ich werde ihn – wie den von mir gleichermaßen verehrten Michel Corboz – stets als einen Pionier und Könner im Gedächtnis behalten – er hat uns reich beschenkt.

Im Folgenden ein Beitrag aus dem bewährten Wikipedia, das die Stationen seine vollen Lebens nachzeichnet. Möge er in Frieden ruhen. G.H.

 

Claudio Scimone (* 23. Dezember 1934 in Padua; † 6. September 2018 ebenda) arbeitete 1952–57 als Musikkritiker für die Gazetta del Veneto und studierte gleichzeitig Dirigieren bei Carlo Zecchi, Dimitri Mitropoulos und Franco Ferrara. 1959 gründete er das Kammerorchester I Solisti Veneti, das er seither leitete. Er unterrichtete Kammermusik an den Konservatorien von Venedig (1961–67) und Verona (1967–74); 1974–83 war er Leiter des Konservatoriums von Padua.

Durch Archivstudien und wissenschaftliche Forschungen erweiterte Scimone das musikalische Repertoire um zahlreiche Werke des 18. und 19. Jahrhunderts. So nahm er als Erster sämtliche Sinfonien von Muzio Clementi auf und machte die Werke Tartinis allgemein bekannt. Er rekonstruierte Vivaldis Oper Orlando furioso (auf CD bei Erato) und brachte sie 1979 in Verona und 1981 in Aix-en-Provence zur Aufführung. Eine Rekonstruktion von Albinonis Il nascimento de l’aurora (ebenfalls bei Erato) folgte 1984 in Venedig. Auch Werke des 20. Jahrhunderts standen immer wieder auf seinem Programm.

Neben seiner Tätigkeit als Dirigent von I Solisti Veneti leitete Scimone 1979–86 das Orchester der Gulbenkian-Stiftung in Lissabon, wo er 1981 Rossinis Oper Mosè in Egitto neu aufführte. Im gleichen Jahr debütierte er mit einer Aufführung von Donizettis L’elisir d’amore am Covent Garden. Als Gastdirigent arbeitete er u. a. mit dem Philharmonia Orchestra London, dem Royal Philharmonic Orchestra, dem English Chamber Orchestra, dem Orchestre Philharmonique de l’ORTF und den Bamberger Symphonikern zusammen.

Scimone nahm über 150 Schallplatten und CDs auf, viele davon Ersteinspielungen (u. a. Mercadante, Boito, Donizetti, Spontini, Ponchielli). Seine Vivaldi-Diskografie beläuft sich auf über 250 Werke. 1969 wurde Scimone mit der Elizabeth Sprague Coolidge Memorial Medal ausgezeichnet. Für seine Schallplattenaufnahmen erhielt er mehrmals den Grand Prix du Disque, außerdem den Grammy Award, den Prix Mondial du Disque (Montreux) und den Diapason d’or. Wikipedia

  1. Peter

    Herzlichen Dank auch für dieses Memento!
    In der Tat ein aussergewöhnlicher Dirigent, der mir mitunter die ergreifendsten Rossini-Momente beschert hat! Und mit welch grossartigen Interpreten, wie bspw. die erwähnte Cecilia Gasdia, die ja nicht nur in der Zelmira so unendlich brilliert, sondern u.a. auch in der der unvergleichlichen Aufnahme der „Viaggio a Reims“!
    Bedauerlich, dass sie so rasch keine Stimme mehr hatte und sicherlich wert, an dieser Stelle einmal etwas ausführlicher über ihren (mir jedenfalls) völlig unbekannten Werdegang zu berichten.

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  2. Michele C. Ferrari

    Besten Dank für diese persönliche Erinnerung! Scimone gehört zu jener Generation von Pionieren, welche von den jungen Wilden, die später kamen und von ihnen profitierten, nicht immer gerecht behandelt wurden. Das gilt vor allem für seine Barock-Einspielungen, die vielen in den späten 80er und 90er Jahren zu Unrecht als bieder und uninteressant galten, was ihn verbitterst hat. Seine Live-Auftritte konnten elektrisierend wirken. Ich erinnere mich an ein Konzert um 1975, in dem Vivald, Galuppi, Paisiello und Rossini jazzig daherkamen und das Publikum derart begeisterten, dass nicht weniger als fünf Zugaben gegeben wurden. Als Dirigent von Opern und Instrumentalwerken des Primo Ottocento war er elegant und äußerst musikalisch. Viele Namen seiner Kontrahenten haben wir inzwischen vergessen. Jeder echte Musikliebhaber wird higegen sein Andenken in Ehren halten.

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