Claude Heater

 

Der amerikanische Tenor Claude Heater, der am 28.  Mai  2020 im Alter von 92 Jahren starb, gehörte während meines Opernerlebens zu den schönsten Männern auf der Bühne. Er toppte für mich (und viele andere) sogar noch Siegfried Jerusalem (als Lohengrin zum Beispiel) oder Peter Seiffert oder Jonas Kaufmann. Claude Heaters Tristan damals in Hannover  (und in der Rolle 1969 auch auf Melodram nachzuhören)  ist eine der unvergesslichen Erinnerungen für mich, später auch in Berlin als Siegmund. Als Tristan ist er in einem abendfüllenden Film neben Jacqueline van Quaille aus Brüssel dokumentiert (youtube hat Ausschnitte davon) und ebenfalls in (nur erhaltenen) Ausschnitten beim französischen Fernsehen neben Hannelore Kuhse konzertant (ORTF). Er bedient(e) das Auge in hocherotischer Weise, und das in einem Fach, das sich sonst nicht gerade durch die optische Attraktivität der Tenöre auszeichnet (de gustibus). Berlins DOB profitierten wie andere Häuser von der physischen Anziehungskraft dieses stupenden jungen Mannes, dessen Karriere leider nicht seinen optischen Qualitäten standhielt. Denn nach einem internationalen Strohfeuer verglomm sein Ruhm rasch. Die Stimme hielt nicht. Aus Tristan wurde Melot (so auf Böhms Bayreuther Tristan bei DG), aber ganz sicher stahl er auch in dieser kleinen Partie seinem berühmten Protagonisten die Schau. G. H.

 

 Dazu ein Auszug aus dem unersetzlichen Kutsch-Riemens Großem Sängerlexikon: Heater, Claude, Tenor, * 1930 Oakland (Kalifornien); nach seinem Militärdienst wurde er Platzanweiser in einem Theater in Los Angeles, ließ jedoch während dieser Zeit seine Stimme ausbilden. 1954 debütierte er in den USA als Bariton im Konzertsaal und trat bereits am New Yorker Broadway in Musicals, außerdem im amerikanischen Rundfunk wie im Fernsehen, auf. Mitte der fünfziger Jahre kam er nach Europa und sang als Bariton 1956-57 am Stadttheater von Basel, 1957-59 an der Städtischen Oper Berlin und 1959-61 an der Wiener Staatsoper. Nachdem er erkannt hatte, daß er eigentlich eine Tenorstimme besaß, studierte er nochmals bei zwei berühmten Tenören, in Mailand bei Mario del Monaco und in München bei Max Lorenz. 1964-68 war er dann als Heldentenor Mitglied der Staatsoper München. Er hatte dort ein sehr erfolgreiches Debüt in der zeitgenössischen Oper »König Hirsch« von H.W. Henze. Er kam dann vor allem als Wagner-Sänger zu großen Erfolgen. Er trat als Gast in Amsterdam und Brüssel, an den Staatsopern von Hamburg und Stuttgart, an der Deutschen Oper Berlin und an der Mailänder Scala auf. Er gastierte auch an der Staatsoper Dresden (1968), beim Festival von Spoleto (1968 als Tristan), am Teatro Liceo Barcelona (1968-69), an der Oper von Bordeaux (1969-70), am Grand Théâtre Genf (1969), an der Nationaloper  Budapest (1970) und am Teatro Fenice Venedig (1970). 1966 hörte man ihn bei den Festspielen von Bayreuth als Siegmund in der »Walküre« und als Melot im »Tristan«. Neben seinen Wagner-Heroen standen Partien wie der Othello von Verdi, der Samson in »Samson et Dalila« von Saint-Saëns, und der Florestan im »Fidelio« an erster Stelle in seinem Bühnenrepertoire. Aus seinem Bariton-Repertoire für die Bühne vom Anfang seiner Karriere sind noch Partien wie der Escamillo in »Carmen«, der Germont-père in »La Traviata«, der Sharpless in »Madame Butterfly« und der Silvio im »Bajazzo« anzumerken. Der Künstler lebte in München und ging von dort aus seiner Gastspiel- und Konzerttätigkeit nach, die ihm in Europa, in Nord- und Südamerika wie auch in Afrika anhaltende Erfolge eintrug.

Schallplatten: Frühe Aufnahmen als Bariton auf HMV (Conte Cornaro im »Zigeunerbaron«). Als Tenor singt er auf Melodram den Melot im »Tristan« (Bayreuth, 1966).

[Nachtrag] Heater, Claude; an der Oper von Frankfurt a.M. sang er u.a. 1961 den Enrico in »Lucia di Lammermoor« als Partner von Joan Sutherland. An der Deutschen Oper Berlin hörte man ihn 1957 als Melot im »Tristan«. Anscheinend war seine Karriere früh beendet, nach 1971 finden sich keine Auftritte. mehr an größeren Opernhäusern. – Schallplatten: DGG (»Mord in der Kathedrale« von I. Pizzetti). [Lexikon: Heater, Claude. Großes Sängerlexikon, S. 10408; (vgl. Sängerlex. Bd. 6, S. 364-365) (c) Verlag K.G. Saur] (Foto: Claude Heater/ www.claudeheater.com)