Ungewöhnlich dilettantisch kommen eine CD und eine DVD daher, die sich eigentlich einige Verdienste hätten erwerben können, denn ein Interview mit Simonetta Puccini, der einzigen Nachfahrin Giacomo Puccinis, sowie eine wenn auch konzertante Aufführung von des Komponisten erster Oper Le Villi sind ein verheißungsvolles Programm. Leider hapert es aber schon einmal an der technischen Ausführung, wenn sich eine Kamera unbeweglich der Musikwissenschaftlerin Puccini starr gegenüber positioniert und sich nicht mehr vom Fleck rührt, wenn in den in englischer Sprache (dem Englisch einer Italienerin!) gehaltenen Vortrag andauernd die Musik eigeblendet wird, die man bereits auf der CD gehört hat und so Verständigungsprobleme programmiert sind und wenn beim filmischen Stadtrundgang durch Lucca Banken und die Zigarette in der Hand Puccinis gleich bei zwei Denkmalen besonders ins Bild gerückt werden. Da kommt der Verdacht auf, geheime Werbung solle betrieben werden.
Die Gelegenheit, die Enkelin des Komponisten, die, weil unehelich geboren, jahrzehntelang die italienischen Gerichte und zahlreiche Anwälte wegen ihres Erbes bemühen musste, zu speziellen Themen zu befragen, wurde verschenkt, so dass man eigentlich, angefangen von den fünf Generationen von Puccini-Musikern vor der Geburt des berühmten Giacomo, nicht viel mehr erfährt, als was im Booklet steht oder was man ohnehin weiß. Dazu gehört auch die erstaunliche Tatsache, dass Puccini in der Mauer seiner Villa in Torre del Lago bestattet ist, die heute Museum ist und in deren Nähe die berühmten Puccini-Festspiele allsommerlich stattfinden. Die DVD bietet ein Gemisch von alten Aufnahmen, so einer Bahnfahrt von Lucca nach Torre, ebensolchen Fotos, und modernen Ansichten der Stadt nebst darin promenierenden japanischen und anderen Touristen. Der Jäger, Autofahrer und Raucher Puccini wird eher im Gedächtnis bleiben als der Komponist.
Auf der CD befindet sich als erste Einspielung überhaupt ein kurzes Requiem des Komponisten für Chor und Orchester aus dem Jahre 1905, das gemeinsam mit der kurzen Erstlingsoper 2008 (150. Geburtstag des Komponisten) in La Valletta auf der Insel Malta aufgeführt wurde. Das ungefähr fünf Minuten dauernde Requiem bietet einen interessanten Kontrast zwischen hellen Streichern und vorwiegen dunklen Stimmen. Wie für die Oper wurde das Orkestra Nazzjonali (Maltesisch?) unter Joseph Debrincat eingesetzt, der Classique Chorus wurde von Simone Attard einstudiert. Das Preludio und die Intermezzi der Oper können am meisten gefallen, denn die Sänger genügen nicht den Ansprüchen zumindest verwöhnter Hörer. Lediglich der Sopran Miriam Cauchi (nicht Miriam Gauci, die auch von der Insel Malta stammt) erfreut durch eine jugendliche, empfindsam eingesetzte und gut gestützte Stimme als verlassene Anna, wird nur ein wenig scharf im klagenden „Roberto“, generell aber ist der schmerzliche Klang der Stimme im zweiten Akt sehr schön, weil ohne Larmoyanz. Der treulose Liebhaber findet in Carlo Torriani einen dunkel getönten Tenor, der hölzern klingt und mit zunehmender Höhe immer gepresster erscheint, ehe die Stimme kaum noch zu vernehmen ist. Antonio Stragapede singt abgehackt ohne jeden Legatoversuch und mit gequetschter Höhe den unglücklichen Vater Guglielmo. Insgesamt verspricht die gesamte Aufnahme mehr, als sie einlösen kann (Cameo Classics 9040) Ingrid Wanja