Bereits die Ehre, in der Box 250 Jahre Wiener Staatsoper“ vertreten zu sein, hatte Strauss‘ Ariadne auf Naxos aus dem Jahre 2014 in der Regie von Sven-Erich Bechtolf und unter dem Dirigat von Christian Thielemann. Nun ist die Produktion als Blu-ray bei Arthaus erschienen und damit auch zu einer posthumen Ehrung von Tenor Johan Botha und Peter Matić geworden, die Ariadne Soile Isokoski hat inzwischen ihre Karriere beendet.
Ein glücklicher Einfall der Regie ist es, drei für die Handlung wichtige Personen, nämlich Komponisten, Musiklehrer und Haushofmeister nicht nach dem Prolog in der Versenkung verschwinden, sondern auch im einzigen Akt mitwirken zu lassen, den wunderbar snobistischen Haushofmeister von Peter Matić als Teil des Publikums, das das Geschehen auf der wüsten Insel verfolgt, den Musiklehrer als im Hintergrund Arrangierenden und den Komponisten als Begleiter am Flügel für Zerbinetta, ihr ständig neue Notenblätter reichend und schließlich von dieser seinen Liebeslohn für sein künstlerisches Bemühen einfordernd und erhaltend. Die Geschichte ist in die Fünfziger oder Sechziger des vergangenen Jahrhunderts verlegt ( Kostüme Marianne Glittenberg), wunderschön ist die Bühne von Rolf Glittenberg für das Vorspiel, ein lichter Saal mit Blick auf den Park, für den Einakter bilden Flügel in unterschiedlichem Zustand der Zerstörung die Wüstenei. Dahinter erheben sich die Reihen von Stühlen für die Gäste im Haus des reichen Wieners. Auch ihre Reaktionen auf das Spiel zeugen von neureicher Kulturfremdheit. Der Optik mangelt es also nicht an Einfällen, aber diese werden zwanglos und niemals entstellend in das Werk eingefügt.
Natürlich kein „reizender Knabe“ ist Johan Botha als Bacchus, dem es offensichtlich schwer fällt, die Rolle stehend durchzuhalten, der aber unvergleichlich in der Entfaltung prachtvollen Stimmmaterials ist, unangefochten von allen Schwierigkeiten, die Strauss so gern den Tenören auferlegte. Eine gleichwertige Partnerin ist ihm Soile Isokoski, auch sie optisch nicht die Erfüllung und streng altjüngferlich aussehend, aber mit einem ungemein farbigen Piano, mit ausnahmslos runden, nie scharfen Tönen erfreuend, mit vokalem Reichtum für „Du wirst mich befreien“, großzügiger Linie für „Ich grüße dich“ und kristallklarem „Licht“ und leuchtendem „Ein Schönes“. Optisch wie akustisch pure Freude bereitet der Komponist von Sophie Koch, der voller Emphase, aber stets vokaler Façon auch den heftigsten Ausbrüchen gewachsen , dessen „In ihren Augen“ und „sie gibt sich dem Tod hin“ voll schöner dunkler Schwärmerei ist. Einen kraftvollen Musiklehrer singt Jochen Schmeckenberger mit gefühlvollem „Ariadne“. Sehr hübsch anzusehen ist Daniela Fally als umtriebige Zerbinetta mit staunenswerten Spitzentönen, der man den ein oder anderen quietschigen Ton gern verzeiht. Unter den vier Maschere befindet sich Benjamin Bruns, inzwischen bereits aufgegangener Stern am Tenorhimmel, als Brighella.
Christian Thielemann schwelgt mit den Wiener Philharmonikern in betörendem Wohlklang und kann bei so stimmstarken Sängern auch ungehemmt farbenprächtig auftrumpfen. In schweren Zeiten ermöglicht diese Aufnahme ein Eintauchen in eine bessere Welt (Arthaus 109398). Ingrid Wanja