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Nicht abfinden mit dem Verlust der Musik zum Prolog zu Henry Purcells Oper Dido and Aeneas wollte man sich in der Opéra Comique in Paris und stellte 2008 dem Werk mit Ausschnitten aus Ted Hughes‘ Echo and Narcissus, Eliots The Waste Land und Yeats The Wind among the Reeds ein eigenes Vorspiel voran, dargeboten von der Schauspielerin Fiona Shaw in kaum identifizierbarer Kostümierung, aber eindringlich in der Deklamation und umgeben von einer Schar frohgemuter kleiner Mädchen in Schuluniformen, die man bereits beim fröhlichen Treiben in ihren Umkleideräumen beobachten konnte. Die Vorstellung geht übergangslos weiter mit der eigentlichen Oper, deren Personal in Kostüme der Entstehungszeit prachtvoll gewandet ist, während der Chor, der seitwärts auf schmucklosen Bänken sitzt, unauffällig in Schwarz gekleidet ist. Im Hintergrund ist eine Renaissancefassade zu erblicken, durch Vorhänge entstehen immer wieder neue Räume, für die Jagdgesellschaft gibt es auch vom Bühnenhimmel hängendes Grün, geheimnisvoll und kaum erschlüsselbar bleibt das Treiben von drei männlichen Figuren hoch oben in der Luft, während auf dem Bühnenboden die Hexen ihre finsteren Pläne schmieden. Regie führte Deborah Warner, Bühne und Kostüme stammen von Chloe Obolenski, und die Produktion wurde außer in Paris auch in Amsterdam und Wien gezeigt.
Der Stoff stammt aus Vergils Epos um den dem Trojanischen Krieg entkommenden Sohn der Venus, der von den Göttern den Auftrag zur Gründung eines neuen Reichs im heutigen Italien erhalten hat und Station in Karthago bei der Königin Dido macht. Typisch englisch ist die „Anreicherung“ der Geschichte durch das Auftreten von Hexen, so dass nicht Merkur den säumigen Aeneas zum Aufbruch mahnt, sondern ein als griechischer Gott verkleideter Bote der Hexen, was dem Werk auch inhaltlich den Hauch des ganz Besonderen unter der Vielzahl der Vertonungen des Stoffes verleiht.
William Christie und Les Arts Florissants sind die Garanten für eine schillernde, dabei straff-energische Orchesterleistung, die auch in den Zwischenspielen pures Hörvergnügen bereitet. Malena Ernman ist die von Anfang an tragisch umflorte Dido mit warmer Mezzostimme von schönstem Ebenmaß. Berührend ist ihr Leben und Werk beschließendes „When I am laid in earth“. Auch darstellerisch ist sie mit ausdrucksstarkem Mienenspiel ein Gewinn für die Produktion. Als Gefährtin Belinda kann Judith van Wanroij mit einem feinen Sopran aufwarten, als Second Woman ist Lina Markeby vokal noch eine Spur zarter. Vollmundig und mit viel akustischem wie mimischem Nachdruck gibt Hilary Summers die böse Hexe, quäkend äußert sich Marc Mauillon als Spirit, gewandt in Gesang und Darstellung zeigt sich Damian Whiteley als Sailor, während die beiden „Unterhexen“ eher durch grotesken Tanz als durch vokalen Einsatz beeindrucken können (Blu-Ray Naxos NBD0140V; weitere Information zu den CDs/DVDs im Fachhandel, bei allen relevanten Versendern und bei www.naxosdirekt.de ). Ingrid Wanja