Allein schon die grasgrüne glitzernde Tüllwolke, in der Dame Joan Sutherland auf das Fest des Prinzen Orlofsky auf der Bühne von Covent Garden schwebt, ist eine Sensation, die allerdings nicht auch darin besteht, dass La Stupenda Adele oder Rosalinde singt, so wenig wie die sie begleitenden Marilyn Horne und Luciano Pavarotti zum Cast von Strauß‘ Fledermaus gehören, sondern special guests sind, die den Abschied der Australierin von der Bühne feiern, während Sutherlandgatte Richard Bonynge auch bei diesem letzten Auftritt seiner Frau das Orchester leitet. Irritationen auslösen könnte allerdings das Cover, das Sopran und Tenor singend zeigt und das tun sie im zweiten Akt, in der Pavarotti seine langjährige Partnerin und in gewisse Weise auch Entdeckerin mit dem Lamento des Federico, die Adalgisa der Norma Sutherland sie mit der Arie der Dalila ehrt. Auch gemeinsam treten Sopran und Tenor mit „Parigi, o cara“ und Sopran und Mezzo mit Rossinis „Serbami ognor si fido“ auf. Schließlich singt La Sutherland das ganz schlichte „Home, sweet home“ ganz schlicht und sehr anrührend. Primaballerina Viviana Durante und Primoballerino Stuart Cassidy ehren die Sängerin mit dem Frühlingsstimmenwalzer (Choreographie Frederick Ashton). Nach der Vorstellung erscheinen die drei Starsänger noch einmal auf der Bühne, Leuchtbuchstaben wünschen ein „Farewell Joan“, und Unmengen von Luftballons, Luftschlangen und Konfetti regnen auf Bühne, Orchestergraben und Zuschauer nieder, denn es gibt nicht nur einen Abschied, sondern auch Silvester, den des Jahres 1990, zu begehen. .
Man kann aber auch eine ganz normale Fledermaus sehen und hören, das heißt allerdings anormal insofern, dass ein ungemein prächtiges, bis ins letzte Detail historisch getreues Bühnenbild von Julia Trevelyan Oman zu bestaunen ist, so prachtvoll, dass man den Ballsaal zum Schluss der Oper noch einmal das Gefängnis ablösen lässt, und die Kostüme stehen dem Bühnenbild in nichts nach.
Weniger sensationell ist die Besetzung, vor allem kann sich der Frosch von John Sessions, der aktuelle Ereignisse des Jahres 1990 auf die Schippe nimmt, nicht mit den Wiener Fröschen aufnehmen, stolziert stocksteif an der Rampe entlang, und von Slibowitz keine Spur. Der beste Sänger ist mit dem balsamischen Bariton von Anthony Michaels-Moore der Dr. Falke, und auch Altus Jochen Kowalski als Orlofsky ist mit schöntimbrierter, geschmeidiger Stimme ein Gewinn, bleibt jedoch seiner Rolle etwas die Zwielichtigkeit des Charakters schuldig. Bonaventura Bottone hat für den pseudoitalienischen Tenor weder Stimmschmelz noch optische Attraktivität. Louis Otey hat Letzteres, aber einen recht steifen Tenor für den Doktor Eisenstein. Eric Garrett ist ein angemessen komischer Frank. Nicht mehr und nicht weniger als in jeder Hinsicht solide, und das ist etwas wenig, zeigt sich Judith Howarth als Adele, während Nancy Gustafson unangefochten Rosalindes Csárdás singt. London calling, eben nur.
Einen vierten Akt gibt es ausnahmsweise mit „A Farewell to Joan Sutherland“ mit der Polka Donner und Blitz, einer Ansprache des damaligen Intendanten Jeremy Isaaks und den Dankesworten der Diva – dann erklingt noch einmal die Ouvertüre, und es war auch für den Betrachter vor dem Fernsehschirm ein schöner Abend. Als Bonus sind der Blu-ray Disc drei Aufnahmen aus dem Konzert in Sidney hinzugefügt (Trovatore-Leonora, Lucia und Norma mit ihren Arien/ Blu-ray Arthaus 109162). Ingrid Wanja