Nur I Lombardi und nicht mehr alla prima crociata tummelten sich im vergangenen Sommer bei den Heidenheimer Opernfestspielen auf der Bühne, die spärlich gefüllt mit vielen Stühlen und einem einsamen, hochkant gestallten Tisch bestückt war, weshalb man es auch verschmerzt, dass nur der Ton auf zwei CDs, nicht aber die Szene verewigt wurde. Den ganz frühen Werken Verdis, deren viertes nach Oberto, Un Giorno di Regno und Nabucco die Lombardi waren, hat man sich in Heidenheim gewidmet, wobei die Lombardi sich nicht nur mit dem Schauplatz Naher Osten eng anlehnen an den Nabucco, dessen Erfolg nach dem kurzlebigen Oberto und der Katastrophe der Buffa Verdi hörbar wiederholen wollte, am deutlichsten wahrnehmbar im Chor der Kreuzfahrer, der an Va pensiero erinnert. Immerhin war die Tenorarie immer ein beliebter Recital-Bestandteil, wurde mit der Giselda bereits ein Vorgriff auf die Violetta hörbar.
Die Stars der Aufnahme aus Heidenheim sind nicht die Gesangssolisten, sondern der Chor und das Orchester. Opernchöre aus den Ostblockstatten waren besonders auch in Italien auch wegen der finanziellen Vorteile für die Veranstalter immer schon beliebt. Der hier tätige Czech Philharmonic Choir Brno ist einer der allerbesten, kaum übertreffbar, was die Aneignung des sprachlichen und musikalischen Idioms angeht, völlig unangefochten im Prestissimo, wahrlich überirdisch klingend als himmlische Geister und immer wie von innerer Spannung erfüllt. Nicht nach steht ihm das Orchester, die Cappella Aquileia, unter dem Dirigenten Marcus Bosch Garant für eine brio- und temporeiche, den Umtata-Rhythmus des frühen Verdi nicht verleugnende, aber veredelnde und ihm quasi seine volksnahe Naivität und damit Unschuld zurückgebende Aufführung.
Die Oper hat zwei fast gleichwertige Tenorrollen, wobei die des Vaters von Giselda, Arvino, durchaus Charaktertenorqualitäten haben darf, so dass mit León de la Guardia und seiner etwas larmoyant und trocken klingenden Stimme keine falsche Wahl getroffen wurde. Den Liebhaber und Konvertiten Oronte singt Marian Talaba zwar nicht mit ausgesprochen italienischem Timbre und nicht immer ganz frei, aber doch mit sicherer Höhe und kluger Phrasierung. Aus den himmlischen Sphären herunter allerdings klingt es etwas mühsam. Den sich zum Eremiten, wenn nicht gar Heiligen wandelnden Bösewicht Pagano verkörpert Pavel Kudinov mit angemessen schwarzem Bass, der schlank und gut konturiert, in allen Registern gleichmäßig gefärbt, auch die Cabaletta im ersten Akt mit viel slancio und mit Nachdruck bewältigt. Hörbar an Qualität weit unter dieser Leistung liegt die von Daniel Dropulja als Gefolgsmann Pirro.
Für die auch dramatische Anforderungen stellende Giselda hat Ania Jeruc weniger Kraft als viel Leichtigkeit und vokalen Liebreiz für die vielseitige Partie. Leider ist die Diktion verwaschen, und in der Höhe zeigen sich leichte Schärfen, den Cabaletten fehlt es an Nachdruck. Sehr schön klingt der Anteil des Soprans am Duett „Oh belle, a questa misera“. Eine sanfte Stimme für das Objekt der Begierde des verfeindeten Bruderpaars, die Viclinda, besitzt Anna Werle, interessant klingt die Sofia von Kate Allen (Coviello Classics COV91901). Ingrid Wanja