Bayreuther Festspiele 2024

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Kaum ist der letzte Ton verklungen, liegt auch schon die Blu-ray von Tristan und Isolde auf dem Tisch (2 Blu-ray DG 00440 073 6685). Es handelt sich freilich nicht um den Mitschnitt aus dem aktuellen Festspieljahr, sondern um eine Aufnahme, die 2024 entstand, als diese Produktion ihre Premiere erlebte, und die pünktlich Anfang Juli auf den Markt kam. Als Dokument ist sie wichtig, weil sie den Tristan von Semyon Bychkov festhält, der 2018 bei Uwe Eric Laufenbergs Parsifal auf dem Grünen Hügel debütiert hatte und Tristan und Isolde suggestiv gestaltet und stellenweise wie neu leuchten lässt, voll sinnlicher, verführerischer Farben und dabei immenser Spannkraft und Dynamik. Diese glühende Interpretation hatte mich schon in diesem Sommer im Festspielhaus auf Anhieb elektrisiert, wobei sich im Haus die Nuancen und instrumentalen Feinheiten vielleicht noch eine Spur reicher und fesselnder gestalteten. Die Aufnahme hält auch das Rollendebüt von Andreas Schager fest. Dieser Tristan ist ein Kraftpaket, das sich bereits nach dem ersten zaghaften „Isolde“-Stammeln lieber in heldischer Emphase zeigt, was den Hörer eher ermüdet als den unermüdlich muskulös und kernig singenden Helden. Camilla Nylund war mit der Isolde, die sie 2022 in Zürich (und dann in Dresden) erstmals komplett gesungen hatte, endgültig in die Riege der Hochdramatischen vorgestoßen. Sie singt jugendfrisch, mit aufblühenden Bögen, runder Höhe, vielleicht etwas schwächerer Tiefe, insgesamt vermutlich die derzeit beste Vertreterin der Partie. Im Premierenjahr ist die erfahrene Brangäne der Christa Mayer der müden Ekaterina Gubanova vorzuziehen, Birger Radde war als Melot ein Gewinn, der markant rufende Kurwenal von Olafur Sigurdarson wurde 2025 von Jordan Shanahan abgelöst, ansonsten ist die Besetzung von Matthew Newlins jubelnd frischen Seemann, dem eleganten Daniel Jenz als Hirt bis Günther Groissböcks ausdrucksvollen Marke unverändert.

Der Inszenierung ist nicht viel abzugewinnen. Die Arbeit von Thorleifur Örn Arnarsson in den Bildern von Vytautas Narbutas und in den Kostümen von Sybille Wallum gibt sich auf dem Bildschirm belangloser und gefälliger als in der Festspielhaustotalen. Zunächst dominieren die dekorativ gehängten Schiffstaue die Szene sowie vor allem Isoldes sonderbares weißes Engelsgewand, eine Art überdimensionierter Reifrock, auf dem sie Erinnerungen und Gedanken festhält und in den sich auch Tristan gerne vergraben würde, was der Blick von oben sehr geschickt zeigt (Video Director: Michael Beyer). Vieles, wie der im zweiten Akt mit Antiquitäten, Kram und Nippes vollgestopfte Schiffsrumpf, wirkt allerdings in den kleinen Bildausschnitten befremdlich und unfertig und lässt, anders zwar als die rätselhaft wirkende Live-Aufführung, den Betrachter ratlos zurück. Rolf Fath