Kaum ist der letzte Ton verhallt, der letzte Scheinwerfer erloschen, scheint die Blu-ray Produktion anzulaufen, so auch die von Bizets Carmen auf der Seebühne von Bregenz am Bodensee. Die ist bekannt für ihre raffinierten Bühnenbilder, das von Tosca schaffte es sogar in einen James-Bond-Film, und auch Es Devlin hat mit den beiden aus dem Wasser ragenden, Karten in die Luft werfenden Händen einen symbolträchtigen Rahmen für das Geschehen geschaffen. Die Regie von Kasper Holten korrespondiert damit, wenn bereits zur Ouvertüre und nicht erst im Karten-Terzett eine Carmen die Karten befragt, mit offensichtlich ähnlich traurigem Ergebnis wie drei Akte später. Im Verlauf des Abends werden dann mehr oder weniger passende Bilder auf die zunächst nur von der Rückseite her sichtbaren Karten projiziert. Leider hat man sich dazu entschlossen, aus der Oper ein pausenloses zweistündiges The Best of Carmen zu machen, d.h., ein Highlight reiht sich an das nächste, der Dialog fällt fast völlig weg. Während der Aufnahme gab es Wasser nicht nur von unten, wo Escamillo mit einem Boot anlandete, oder für ein Zigeunerinnenwasserballett oder den Tod Carmens im nassen Element, sondern auch reichlich von oben, so dass Haare und Kleider der Mitwirkenden schnell durchnässt waren. Besonders die Kostüme von Anja Vang Kragh zeigten die Gratwanderung des Festivals zwischen künstlerischem Anspruch und dem Verlangen, ein auch opernungewohntes Publikum zufrieden zu stellen, gaben dem Unternehmen den Anstrich des Revuehaften.
Vorzüglich war die Besetzung der beiden weiblichen Hauptpartien mit der auch optisch idealen Gaëlle Arquez als muttersprachliche Carmen und mit der anmutigen Elena Tsallagova von der Deutschen Oper Berlin als Micaëla. Und da die Technik eine vorzügliche ist, konnte man sich auch am elegant-erotisch klingenden des Mezzosoprans wie am lyrisch-duftigen Gesang des Soprans rückhaltlos erfreuen. Eher von der in jeder Hinsicht grobschlächtigen Art waren die beiden Herren. Mit monoton weinerlichem Timbre sang Daniel Johansson einen nicht immer intonationssicheren Don José, und auch Scott Hendricks bewältigte nur mit Mühe sein Auftrittslied und klang recht krude. Feinheiten im Schmug glerquintett gingen leider beim Bemühen um vokalen Aplomb verloren, der Beginn des vierten Akts war erbarmungslos zusammengestrichen, obwohl gerade hier der Schaulust des Publikums hätte Rechnung getragen werden können. Die Wiener Symphoniker unter Paolo Carignani sorgten dafür, dass von der orchestralen Seite her keinerlei Abstriche an die künstlerische Qualität der Aufführung gemacht werden mussten. Und die Leiche Carmens, von roten Rosen umspült, sorgte dann doch noch für ein schönes Bild als versöhnlichen Abschluss (Blu-ray C-Major 742304). Ingrid Wanja