Daniel Behle widmet seine neue CD Franz Schubert und Robert Schumann. Sie kam bei Genuin heraus und enthält Schwanengesang und Dichterliebe (GEN 20710). Das Besondere daran ist, dass beide Werke mit Orchesterbegleitung dargeboten werden. Das Arrangement stammt von Alexander Krampe, es spielt das Orchester der Kammeroper München unter der Leitung von Christophe Gördes. Krampe ist ein deutsch-österreichischer Arrangeur und Komponist, der seine Ausbildung bei den Regensburger Domspatzen begann. Behle hat Erfahrung im Umgang mit beiden Komponisten. Schumanns Dichterliebe hat er schon einmal in traditioneller Form vorgelegt, von Schubert gibt es Die schöne Müllerin, die Winterreise sowohl mit gewohnter Klavierbegleitung als auch in arrangierter Fassung. Im Booklet der Neuerscheinung ist nichts über Anliegen und Beweggründe der Bearbeitungen zu lesen. Krampe erklärt zwar die Herkunft des Begriffs Schwanengesang, weist abermals darauf hin, dass die Lieder aus Schuberts Nachlass erst postum unter diesem Titel zusammengefasst wurden, geht auf die biographischen Umstände ein, vor deren Hintergrund Schumanns Dichterliebe entstand und kommt zu dem Schluss, dass in dessen Liedern der „große Sehnsuchtston der Liebe ohne die Heinesche Bitterkeit“ erklinge. „Aus dem verwundbaren Schwärmer Heinrich Heine und Robert Schumans verhaltener Melancholie wird so eine märchenhafte Musik, zauberhaft, voll von unendlicher Sehnsucht.“ Inwieweit seine Arrangements diese Wirkung vermitteln, wenigstens aber ergänzen können, dazu äußert er sich nicht. Hörer müssen sich selbst ihr Urteil bilden, was offenbar auch gewollt ist.
Vor allem Lieder Schuberts sind oft mit Orchesterstimmen versehen worden. Nicht alle sind geglückt. Die vielleicht anspruchsvollen Bearbeitungen stammen von Berg, Webern, Zemlinsky, Liszt, Schönberg, Scherchen, Mottl. Zahlreiche Bearbeitungen dieser Art sind von Max Reger überliefert, der sie so besser in seine Konzertprogramme als Dirigent in Meiningen einpassen konnte. Es war nämlich einst durchaus üblich, sinfonische Musik gemeinsam mit Kunstliedern und Opernarien an einem Abend aufzuführen. Krampe greift die Stimmungen der Originale sehr gekonnt auf. Er kennt seinen Schubert und seinen Schumann genau. Und doch wirkt der Einsatz seiner Instrumente weniger als Vertiefung der Aussage sondern vielmehr als Illustration und Untermalung. Behle tut das Seine, indem er die Lieder mit sanftem Timbre an manchen Stellen regelrecht weichzuspülen scheint. Er präsentiert Schubert und Schumann fürs Gemüt und gerät bei „Ich grolle nicht“ in der Dichterliebe stimmlich auch schon mal in Bedrängnis wenn es in die Tiefe geht. Diesem Lied bekommt seine trotzige Vortragsweise nicht gut. Im Doppelgänger des Schwanengesangs kann der Einsatz eines dunklen des Instrumentariums das Bedrückende und Abgründige der Situation nicht verdeutlichen. In meinen Ohren klingen die Lieder oft wie Singspielarien, was nicht nur am Solisten liegt, sondern auch der Begleitung als solcher innewohnt. Ich fühlte mich nicht nur einmal ans Dreimäderlhaus erinnert. Dietrich Fischer-Dieskau, der sein langes Leben lang bemüht war, diesen Liedern auf den Grund zu kommen und den richtigen Ausdruck dafür zu finden, würde sich im Grabe umdrehen. Für Daniel Behle spricht, dass er sehr deutlich und wortverständlich singt. Die Neuerscheinung dürfte bei seinen Fans gut ankommen. Und wer mit Klavierliedern immer schon ein Problem hatte, wird vielleicht mit diesen gefälligen Light-Versionen einen Zugang zu diesem anspruchsvollen Genre finden. Rüdiger Winter