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Lumina (die Leuchtende, Lichter) heißt das neue Recital von Samuel Mariño bei DECCA, das im Oktober 2024 in Berlin und im Dezember desselben Jahres in London aufgenommen wurde (487 1226). Über diese Neuaufnahme werden sich Liebhaber der bemerkenswerten Stimme des Sopranisten aus Venezuela freuen, doch müssen sie eine Programmauswahl hinnehmen, die einem Gemischtwarenladen gleichkommt. Sie reicht vom Barock über die Romantik bis zum Piaf-Chanson. Der Einstieg mit Almirenas Arie „Lascia ch´io pianga“ aus Händels Rinaldo ist erwartungsgemäß, wenn das Tempo auch extrem verlangsamt wirkt. Die Stimme klingt keusch, was auf fast jede Nummer zutrifft und damit eine gewisse Einförmigkeit evoziert. Schon der nächste Titel, Schuberts „Ave Maria“, scheint fragwürdig, zumal das Arrangement von Chris Hazell für die von Ben Palmer geleitete Covent Garden Sinfonia geschmäcklerisch wirkt in seinem wolkigen Sound. Gänzlich unerwartet erklingt Marguerite Monnots „Hymne à l´amour“, unsterblich durch die Interpretation von Edith Piaf. Muss dieser Ausflug in die Unterhaltungsmusik sein? Wenigstens bleibt die Begleitung von Jonathan Ware am Klavier im schlichten Bereich. Auch Rusalkas Lied an den Mond aus Dvoráks Oper ist eine befremdliche Wahl trotz der des einfühlsamen Vortrags und melancholischen Stimmung, welche der Interpret erzeugt, ebenso Liszts „Oh! quand je dors“, das der Sänger mit der Begleitung von Ware übermäßig aufrauschen lässt. Mit Caccinis träumerisch vorgetragenem „Amarilli, mia bella“ geht es zurück in den Frühbarock, mit „Ombra mai fu“ aus Serse erklingt eine der berühmtesten Arien Händels, leider in einem schwammigen Arrangement. Aber Mariños Stimme ist schwebend, und und ausgeglichen.
Die letzten Titel der Programmauswahl sind dann wieder Außenseiter – Hahns „À Chloris“, Canteloubes „Bailèro“ aus den Chants d´Auvergne in voluminösem Klang, Strauss´ Lied „Morgen!“, von Ware am Flügel zauberisch intoniert, aber von Mariño mit zu kindlichem Klang angestimmt, das irische Traditional „The Last Rose of Summer“ in traumversunkener Wiedergabe und Rachmaninoffs „Vocalise“, in der er die Stimme mühelos strömen lässt. Eine dramaturgische Konzeption mag man in dieser Auswahl nicht erkennen, sie scheint eher dem „Best of“ verpflichtet.
So verständlich das Bemühen des Sängers um eine Repertoire-Erweiterung ins lyrische Fach anmutet – Mariño sollte sich auf das Repertoire konzentrieren, in welchem er durch seine Auftritte bei internationalen Produktionen und Festivals Aufsehen erregt hat – den Barock. Mit den Werken von Porpora, Vinci, Giacomelli, Vivaldi, Graun u.a. gibt es ein reiches Bestätigungsfeld für den Sänger mit seiner Stimme. Bernd Hoppe