Übernahmen

 

In memoriam Maureen Forrester ist eine CD überschrieben, die mit Mahlers Des Knaben Wunderhorn und den Rückert–Liedern an die 2010 verstorbene kanadische Altistin erinnert (Praga Classics PRD 250 313). Ein Blick in das in operalounge.de besprochene Naxos-Buch bestätigt, dass es sich bei den von Felix Prohaska 1963 dirigierten Wunderhorn-Liedern mit Heinz Rehfuss und dem Vienna Festival Orchestra um die Vanguard-Aufnahme handelt; die RückertLieder nahm Ferenc Fricsay 1956 mit dem RIAS-Symphonie-Orchester für die Deutsche Grammophon auf. Beide Aufnahmen sind bekannt (was leider mit keinem Wort in der Beilage erwähnt wird, und live sind sie – wie fälschlich auf der Rückseite angegeben – auch nicht). Das schmälert den Rang der geschickten Kopplung nicht, da es sich um exemplarische Mahler-Deutungen handelt, denen die Zeit nichts anhaben konnte, denn – wieder Naxos – „Forrester possessed a sumptuous contralto voice which she used with great musicianship“. Das stimmt. In den von Prohaska und dem Wiener Orchester mit Volkliedton und Melancholie intonierten Wunderhorn-Liedern kommt der klangvoll edle und pastose Alt, mit dessen leisen und hohen Tönen die Forrester magische Wirkungen erzielt, vor allem in „Wo die schönen“ Trompeten blasen, vorzüglich zur Geltung, betörend die erhabene sonore Fülle im „Urlicht“. Der Schweizer Bassbariton Heinz Rehfuss singt eindringlich, doch die charaktervolle Stimme nimmt sich neben der Stimmpracht der Forrester noch hagerer als gemeinhin aus. Die Schönheit von Foresters Alt lässt in den Rückert-Liedern den Atem stocken. Die damals 26jährige Sängerin, die im Jahr vor der Aufnahme erstmals in Europa aufgetreten war und deren große Karriere noch bevorstand, überrumpelt in den von Fricsay klangmagisch gestalteten Liedern durch eine Klangfülle, die sich wie eine Kuppel über diese Lieder senkt, sowie eine erlesene Gestaltungskraft und Gesangskultur, die in „Um Mitternacht“ beschwörende Intensität annehmen.   R. F.

 

Ähnlich „ausgeliehen“ und genauso schlecht dokumentiert ist auch die Live-„Hommage an Rafael Kubelik“ bei Praga mit einem Klagenden Lied Mahlers vom Bayerischen Rundfunk 1979 in der Erstfassung von 1899 mit Julia Hamari, Rose Wagemann (nicht Wagermann – bezeichnend für die schlampige Dokumentation des Booklets) und David Rendall, der Altrhapsodie von Brahms (BR 1962) mit Grace Hoffmann würdig und pastos als Mezzosolo sowie – wirklich idiotisch! – den gestückelten Gurreliedern Schönbergs in der bekannten Aufnahme der DG (Mitschnitt vom BR 1965 und natürlich noch immer komplett erhältlich) mit wenig Inge Borkh, dafür Herta Töpper mit dem Lied der Waldtaube und dem etwas kratzigen Herbert Schachtschneider – immer noch eine der besten Aufnahmen des selten eingespielten werkes, hier aber knapp 30 Minuten verstümmelt. Wer macht denn sowas? Schon bei der obigen CD mit den Dokumenten von Maureen Forresters ärgerte man sich über die schlechte Dokumentation der Quellen der Übernahme. Gegen Restverwertung ist ja nichts zu sagen, aber schreiben muss man doch, wo man´s her hat und wo es schon einmal erschienen ist. Die Firma Praga sitzt in Paris, da hätte ein bisschen Recherche nichts gescadet.

kubelik mahler brahms pragaWie auch immer – es ist schön, die Live-Aufnahme des Klagendes Liedes aus München unter Kubelik zu haben, er hatte für Mahler eine besondere Hand, und diese Erstfassung, ist auch nicht oft dokumentiert worden – die Solisten sind kongenial, und besonders der schöne, helle Tenor David Rendalls freut das Ohr.  Grace Hoffmann war eine bedeutende, heute sehr unterschätzte Mezzosopranistin mit einer Karriere weitgehend in Deutschland. Sie war ebenso tüchtig wie vielseitig und besticht durch Identifikation und Wärme der Stimme. Brahms unter Kubeliks Hand hat eben auch diese Wärme, die indivduelle Sprache, die spontane Kommunikation. Alles in allem schöne Mementi. Aber der Schönberg, so gestückelt? Absurd (Praga PRD 350118, angeblich Digital Reminiscences, und warum steht groß „Wien“ über Kubeliks Namen, wenn die Aufnahmen alle vom BR München stammen? Naja.). G. H.