Wem nützt das?

 

Es liest sich so schön, ist aber eine unbefriedigende Sache, das A-Z of Singers, der sechs Zentimeter breite Naxos-Schuber, der im 800-Seiten-Büchlein „over 3000 Biographies“ und auf 4 CDs „Selected Recordings“ enthält und auf eine „free website with hours more music“ verweist (Naxos 8.558097-100). Wer sich für Sänger-Biografien interessiert, wird möglicherweise zu Kutsch/Riemens greifen, den Herausgeber David Padmore in seinem Vorwort denn auch als eine der Quellen angibt, und sich nicht mit „nur“ 300 Biografien begnügen wollen, wer dagegen eher einen Exkurs durch die Geschichte der Tonaufnahme unternehmen will, wird bei The Record of Singing und ähnlichen Quellen fündig.

Das Buch beginnt bei Theo Adam und endet bei Teresa Zylis-Gara. Die zwei oder drei Seiten umfassenden Artikel listen die westlichen Stationen der Karriere mit den wichtigen Debüts und häufig auch mit dem Datum des Bühnenabschieds und „Selected Recordings“ auf, bieten dann eine ausführliche Bio und gehen auf die Stimme – beispielsweise „Theo Adam was a commanding presence on stage, although ist voice could at times show signs of waer and tear: not surprisingly, give his exceptional schedule of performances and range of parts“ – und die zentralen Aufnahmen ein. Das ist in Ordnung. Schlagen wir das Buch mal wahllos auf: Grace Bumbry. Als „Final operatic performance“ wird 1997 Lyon angegeben, doch sie sang später noch in Paris und 2013 sogar an der Wiener Staatsoper. Und weiter: Anton Dermota, „1971 retires from operatic stage“; ich vermute, dabei hat man sich um zehn Jahre vertan. Wer ist darin enthalten: auch aktuelle Sänger, beispielsweise Bartoli, aber kein Kaufmann, keine Netrebko usw.

Und die vier CDs? Sie beginnen bei Marian Anderson mit Dalilas Softly awakes my heart, wobei man kaum erkennen kann, in welcher Sprache sie singt, und enden nach fünf Stunden mit Ljuba Welitsch, der man für Salome von der Met mit 16:21 die längste Spieldauer gegönnt hat. Es geht – streng alphabetisch – etwas unorthodox durch fünfeinhalb Jahrzehnte von 1902 mit Carusos Questo e quella und Melbas „Ah! Je ris“ von 1905 (jeweils mit Klavierbegleitung) bis in die Mitte der 1950er Jahre. Über die Auswahl der 69 für würdig gefundenen Sängerinnen und Sänger muss man nicht diskutieren und muss sich auch nicht ärgern, mir hat das Anhören der vier CDs Spaß gemacht, die Aufnahmen sind klanglich vorzüglich aufbereitet, bieten neue Höreindrücke, manche Sänger klingen – vorsichtig ausgedrückt – sehr zeitgebunden, andere bestätigen ihren Rang. Björlings Rodolfo, Gardens Louise, Jurinacs Gräfin, Flagstad und Leiders Isolde sind Standards…. Pertiles Manrico und Bastianinis Alfonso aus La favorita (fatalerweise folgt nach Bastianini gleich Battistini) gefielen mir nicht mehr so gut wie einst, dafür Simoneau um so mehr, toll Rosvaenge und Tauber (beide mit Lehár) und Elisabeth Schumann, die überraschenderweise mit Zellers Vogelhändler vertreten ist.   Rolf Fath