Vor neuen Rollendebüts?

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Dass der deutsche Tenor Daniel Behle Spaß am Spiel mit der Sprache hat, kann man vermuten, wenn man von CD-Covern wie MoZart oder UN-ERHÖRT Kenntnis nimmt, und auch seine neueste Aufnahme gibt sich optisch verspielt mit einem in der Mitte thronenden Richard, der von einem Strauss und einem Wagner flankiert wird. Sicher ist der große Respekt des Sängers vor den Texten, die er singt, und zwar so ausgeprägt, dass man selbst bei üppiger Orchesterbegleitung, wie bei beiden Komponisten üblich, jedes Wort versteht, man tatsächlich einmal auf den Abdruck der Texte im übrigens liebevoll und vorzüglich gestalteten Booklet verzichten könnte.

Beworben wird die CD übrigens mit einer Aussage des Dirigenten Thomas Rösner, der das Lob des von ihm geleiteten Borusan Istanbul Philharmonic Orchestra singt und dieses als  mit einem „sound…wonderfully soft and malleable“ begabt sieht und es damit für besonders geeignet für die Wiedergabe von deutscher romantischer Musik hält. Davon kann man sich beim Hören überzeugen, auch bei dem des Vorspiels zu Wagners Meistersingern, dem einzigen reinen Orchesterstück auf der CD, das eher leichtfüßig als stampfend, eher duftig als schwül daher kommt.

Drei Opernarien von Wagner in aufsteigender Linie vom Lyrischen über das Noch-Zwischenfach zum Heldischen, was die Anforderungen an die Stimme betrifft, sind auf der CD. Den Lohengrin hat Behle bereits auf der Bühne gesungen, Stolzing und Tannhäuser noch nicht. In der Gralserzählung ist die reine, klare, Stimme von müheloser Emission in allen Lagen und bei allen geforderten Lautstärken gleich präsent, gleich farbig, werden auch die kleinen Notenwerte präzise wiedergegeben, entzücken eine ätherische „Taube“ und ein strahlender „Gral“. Sehr berührend ist das schmerzlich umflorte „muss er von euch ziehn“.  Auch bereits bühnenreif dürfte der Stolzing sein, dessen Preislied sich zwischen Erzählton und Emphase bewegt, „Parnass“ wie „Paradies“ zum Strahlen bringt und nie der Versuchung eines Einheitsfortes erliegt. Bei der Romerzählung des Tannhäuser erscheinen vor dem geistigen Auge und auch dem Ohr des CD-Hörenden die bereits recht abgekämpften, sich mehr oder weniger schwer tuenden Heldentenöre vergangener Vorstellungen und scheinen sich anklagend zu äußern über so viel Ungerechtigkeit, einem frischen, von keinerlei Mühsal durchlebter Aufführungen berührten Kollegen zuhören zu müssen, dessen ausgeruhte, für die Partie recht leichte und helle Stimme nichts von der Mühsal zweier Preislieder für Venus und unzähliger „Erbarm dich mein“ verrät.

Die drei Wagner-Arien sind eingestreut in eine Auswahl bekannter Orchesterlieder von Richard Strauss, beginnend mit Cäcilie, die rauschhaft, sich von Strophe zu Strophe steigernd, Einzelheiten präzise hervorhebend wie diese in den Gesamtzusammenhang einbettend und die große Linie nie vernachlässigend daher kommt. Die Mittellage des Tenors hat im Vergleich zu frühen Aufnahmen bedeutend an farbiger Substanz gewonnen, es stehen ihr viele Ausdrucksmittel, so  das Hellerwerden für „lichter Sonnenschein“ im anschließenden Ruhe, meine Seele, zur Verfügung. Das bekannte Ständchen erfreut mit ganz lichtem und leichtem Beginn, um umso rauschhafter am Schluss zu klingen, eine ähnliche Entwicklung nimmt die Heimliche Aufforderung, die im Plauderton beginnt, um sich zu einem großen Bogen für die Schlusszeile zu steigern. Wunderschön ist die feine Differenzierung von einem zum nächsten, dann zum abschließenden „Welch ein Glück“, das ätherisch klingende Lächeln in Befreit. Den Abschluss für diese den Hörer beglückende CD bildet Morgen , in dem „stummes Schweigen“ zum Klingen gebracht wird (Prospero 0072). Ingrid Wanja