Vokales – sehr gemischt

 

Wenn man in den einschlägigen Such- und Verkaufsprogrammen Pietro Mascagnis Cavalleria rusticana eingibt, findet man eine Fülle von Angeboten, die kaum überschaubar ist. Dazu gehört nun auch eine bei Brilliant Classics erschienene Studio-Aufnahme der Berliner Symphoniker unter Filippo Arlia. Leider kann man die Einspielung vom November 2019 nicht empfehlen, weil sie zu viele Mängel enthält. Der kalabrische Dirigent bevorzugt bei starker dynamischer Differenzierung durchweg ruhige Tempi; dadurch kommen der Osterchor, das Intermezzo sinfonico und auch Turridus Trinklied allzu zäh daher. Zu den soliden Leistungen des Orchesters und des klangausgewogenen Coro Lirico Francesco Cilea Reggio Calabria in der Einstudierung von Bruno Tirotta wollen die sehr unterschiedlichen Solisten nicht recht passen. Da missfällt bei der serbischen Mezzosopranistin Alessandra Di Giorgio als Santuzza ein unschönes Tremolo, das auch durch ihre Höhensicherheit und ein recht ansprechendem Timbre nicht aufgewogen wird. Auch Piero Giuliacci als Turiddu kann seinen kräftigen Tenor nicht ruhig führen, was besonders in den lyrischen Passagen deutlich wird, von den störenden Unsauberkeiten der einleitenden Serenade einmal abgesehen. Dagegen gefallen in den kleineren Partien Domenico Balzani (Alfio) mit markantem, hellem Bariton, die klarstimmige Giorgia Teodoro als Lola und die bewährte Irina Dolzhenko als Lucia (BRILLIANT CLASSICS 96179).

 

In den Opern und Oratorien von Georg Friedrich Händel sind die Duette meist für Kastraten und Sopranistinnen konzipiert; nur wenige gibt es für Tenor und Sopran, die jetzt unter dem Titel Human Love, Love Divine bei harmonia mundi erschienen sind. Die ausgewiesenen Spezialisten für Alte Musik Nura Rial und Juan Sancho singen je vier Solo-Arien und gemeinsam sieben Duette; dabei werden sie begleitet von der wunderbar transparent musizierenden Capella Cracoviensis unter dem souveränen Jan Tomasz Adamus, die die Aufnahme durch Instrumentalstücke aus Ariodante, Alcina und Il pastor fide bereichert. Einiges sei hervorgehoben: So erfüllt der spanische Tenor die Arie With honour let desert be crow‘d aus Judas Maccabäus, mit der dieser seinen im Kampf gefallenen Sohn beklagt, mit trotzig-kraftvollem Duktus, während er mit stupender Koloraturen-Sicherheit die Wut des Orontes über verschmähte Liebe (Alcina) freisetzt. Mit bestechender Klarheit präsentiert die ebenfalls spanische Sopranistin die Jubel-Arie Let the bright Seraphim aus Samson, und mühelos meistert sie die hohe Tessitura in einer Arie aus der Ode for the Birthday of Queen Anne. In Duetten aus weltlichen Kantaten sowie aus Hercules, Ariodante, Esther und mit dem  fröhlichen Happy, happy we aus Acis and Galatea erfreuen die schlanken und durchweg intonationsrein geführten und aufs Feinste zusammen passenden Stimmen der beiden Gesangssolisten – eine CD, die man ausnahmslos gern anhört (deutsche harmonia mundi DHM 19439781 602).

 

Bei Brilliant Classics gibt es bereits 2018 eingespielte Kammermusik von Louis Spohr, dabei die schönen Deutschen Lieder op.103 für Sopran, Klarinette und Klavier. Joanna Klisowska musiziert diese Lieder nach Gedichten verschiedener Autoren wie Geibel oder Hoffmann von Fallersleben gemeinsam mit dem Klarinettisten Rocco Parisi und dem Pianisten Francesco Bissanti. Die polnische Sopranistin gestaltet die Volkslied-artigen Lieder mit abgerundeter Stimmführung in angemessener Schlichtheit. Außerdem enthält die feine, aber kleine (46 Minuten Dauer) CD Stücke für Klarinette und Klavier wie das Andante mit (virtuos servierten) Variationen op.34, original für Klarinette und Streichquartett, sowie Variationen über ein Thema aus der frühen, niemals auf einer Bühne gezeigten Oper Alruna, die Eulenkönigin. Dazu kommt das Potpourri op.80, in dem der versierte Bläser sein Können mit variierten Melodien aus der in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts populären Oper Das unterbrochene Opferfest von Peter von Winter nachdrücklich unter Beweis stellt (BRILLIANT CLASSICS 95638).

 

Der englische Komponist Arthur Somervell (1863-1937)  wirkte vor allem als Musikpädagoge am Royal College of Music in London und leistete Pionierarbeit bei der Etablierung von Musik als anerkanntes Schulfach. Als Komponist trug er zu verschiedenen musikalischen Gattungen bei; so schuf er Kantaten und weniger erfolgreich Stücke aus der Instrumentalmusik. Als seine wichtigsten Beiträge zur englischen Musik gelten jedoch fünf Liederzyklen auf Texte englischer Poeten und Schriftsteller. Zwei Zyklen, Maud nach Gedichten von Alfred Tennyson (1809-1892) und  A Shropshire Lad nach A.E. Housman (1859-1936), hat das englische Label SOMM veröffentlicht. Der auf Tennysons Monodrama basierende Liederzyklus Maud besteht aus 13 Liedern und handelt von den Erinnerungen des Erzählers an den Freitod seines durch unglückliche Spekulationen ruinierten Vaters, wodurch seine Heirat mit Maud, der Schwester seines besten Freundes, vereitelt wird. A Shropshire Lad ist eine Sammlung von dreiundsechzig Gedichten, von denen Somervell zehn vertont hat. Der englische Opern- und Konzertsänger Roderick Williams betont den bis auf wenige Ausnahmen lyrischen Grundduktus beider Zyklen, die er mit passend warmem, in allen Lagen abgerundetem Bariton klug zu gestalten weiß. Die Pianistin Susie Allan  gefällt durch ihr partnerschaftliches Musizieren, wobei in der Interpretation der deutlich von Robert Schumann beeinflussten romantischen Lieder eigene Akzente nicht fehlen. Die hörenswerte Einspielung hierzulande kaum bekannter Liedkompositionen wird ergänzt durch zwei weitere Lieder, A Kingdom by the Sea nach einem Gedicht von Edgar Allan Poe und Shepherd’s Cradle Song, ein aus dem Deutschen übersetztes sanftes Wiegenlied (SOMMCD 0615). Gerhard Eckels

 

Auf dem Markt erscheinen immer wieder Mitschnitte von Live-Konzerten bedeutender Orchester: Da gibt es zunächst eine Aufnahme vom Oktober 2018 aus der Berliner Philharmonie mit dem Rundfunk-Sinfonieorchester Berlin, dort auch kurz RSB genannt, das gemeinsam mit zwei Gesangssolisten Das Lied von der Erde von Gustav Mahler musiziert. Ein großes Plus der Einspielung ist das RSB, das mit zahlreichen ausgezeichneten Instrumentalsoli nachhaltig Eindruck macht. Dazu kommt die souveräne Leitung seines Chefdirigenten Vladimir Jurowski, der die wunderbare  Vielfarbigkeit der Partitur mehr als nur angemessen herausarbeitet und damit die herb-melancholische Stimmung des außergewöhnlichen Werks in seiner Mischung von Sinfonie und Liedzyklus gut nachvollziehbar zur Geltung bringt. Die beiden Solisten mit ihren jeweils charakteristischen Stimmen werden partnerschaftlich unterstützt. Sicher und intonationsrein gestaltet Robert Dean Smith die drei Tenor-Lieder, ohne den Glanz früherer Zeiten wirklich entwickeln zu können. Auch fehlt es in Von der Jugend  an der erforderlichen Leichtigkeit; im Trinklied vom Jammer der Erde wie auch in Der Trunkene im Frühling klingt die Stimme teilweise zu stumpf und in den Höhen leicht angestrengt. Deutlich positiveren Eindruck hinterlässt Sarah Connolly mit ihrem geschmeidigen, in allen Lagen abgerundeten Mezzosopran und perfekter Diktion. Gerade in ihren Liedern ist „langer Atem“ nötig, über den die britische Sängerin wie selbstverständlich verfügt, ohne die Stimme allzu unruhig werden zu lassen, Im Beiheft fehlt leider in dem abschließenden langen Abschied der Abdruck der letzten beiden Gedicht-Strophen (PENTATONE PIC 5186 760).

 

Zur Zeit der Uraufführung der Gurre-Lieder 1913stand Arnold Schönberg mit seinen Werken an einem Wendepunkt: Nach den schon 1901 komponierten Liedern, die er bis 1911 in üppiger Spätromantik instrumentiert hatte, befand er sich zum Zeitpunkt ihrer Uraufführung längst in seiner atonalen, auf der Zwölftontechnik beruhenden Schaffensweise. Aber hier entwickelte er zur dänischen, tragisch endenden Sage von König Waldemar und dessen Liebe zur schönen Tove durch seine Besetzungswünsche (z.B. 8 Flöten, 10 Hörner, davon 4 Wagnertuben, 7 Posaunen usw.) Klänge in bis dahin nicht gekanntem Ausmaß. Am 10. März 2020 fand in der Semperoper gerade noch vor dem erstem Lockdown mit den Gurre-Liedern das letzte Konzert vor der langen Corona-Pause statt: Daran waren beteiligt sechs internationale Solisten ausgesuchten Formats, der MDR-Rundfunkchor (Jörn Hinnerk Andresen) und der Staatsopernchor Dresden (Jan Hoffmann) sowie die Staatskapelle Dresden und Mitglieder des Gustav Mahler Jugendorchesters. Christian Thielemann hatte den Riesen-Apparat sicher im Griff und ließ die überaus vielfältigen Klangfarben und die zahlreichen schwelgerischen Passagen gleichsam glühend ausmalen. Auf der Aufnahme hört es sich so an, dass sich die ausgezeichneten Instrumentalisten aller Gruppen, auch mit den vielen herausragenden Soli, dann angenehm zurücknahmen, wenn die Gesangssolisten an der Reihe waren. Mit heldentenoraler Kraft und Höhensicherheit sang Stephen Gould König Waldemar; besonders begeisterte der jeweils glänzend gelungene Wechsel von gleichmäßig ausgesungenen lyrischen Phrasen zu aufbrausender Dramatik, die im 3. Teil in wütender Gottes-Anklage gipfelte. Waldemars Geliebte Tove war bei Camilla Nylund  und ihrem in allen Lagen abgerundeten, leuchtenden Sopran sehr gut aufgehoben. Mit überaus ausdrucksstarker Intensität ihres volltimbrierten Mezzo gestaltete Christa Mayer die Stimme der Waldtaube, die Toves Tod zu verkünden hat. Der klare Charaktertenor von Wolfgang Ablinger-Sperrhacke passte aufs Beste zur Partie des grotesken Klaus-Narr, während Markus Marquardt mit seinem Bassbariton großen Umfangs markant die Angst des Bauern vor den nächtlichen Horden Waldemars verdeutlichte. Die beiden klangscharfen Männerchöre konnten einem schon Angst machen, so sehr trafen sie trotz ihrer Vielschichtigkeit den rauen Ton der Kriegsgesellen. Der 82-jährige Franz Grundheber beschwor im Melodram mit melodiereicher Sprechweise die friedliche Naturstimmung, bis der Schlusschor, von knapp 140 Sängerinnen und Sängern in schöner Ausgewogenheit gesungen, das gewaltige Werk mit hymnisch strahlender, den Sonnenaufgang beschreibender Klangentfaltung beendete. Wie im zu Werk und Ausführenden sehr aufschlussreichen Beiheft mitgeteilt, erhielten die über 300 Mitwirkenden begeisterten Applaus in der Semperoper (Profil/Hänssler PH20052, 2 CD).

 

Schon 2016 hat der Norddeutsche Rundfunk (NDR) während zweier Konzerte in der Hamburger Laeiszhalle Sinfonische Dichtungen von Richard Strauss aufgenommen, die das NDR Elbphilharmonie Orchester, damals noch unter dem Namen NDR Sinfonieorchester, gespielt und ALPHA-CLASSICS jetzt herausgebracht hat. Bei den Interpretationen des jetzigen Ersten Gastdirigenten Krzysztof Urbanski  ist auffällig, wie akzentreich er das Orchester musizieren lässt. Vom berühmten, sich hier besonders schwungvoll in die Höhe schraubenden Hauptthema an lebt Don Juan davon, dass dieser fast ungebremste Elan stark gegensätzlich zu der feinen Lyrik der ruhigen Passagen steht. Auch bei Till Eugenspiegels lustigen Streichen imponiert das überaus differenzierte, auf die einzelnen Szenen sinnvoll zugeschnittene Spiel des Orchesters mit den vielen bestens präsentierten Instrumental-Soli. Das setzt sich auf wohltuende Weise in der großen Dichtung Also sprach Zarathustra fort, wenn beispielsweise in Von der großen Sehnsucht und dem folgenden Abschnitt Von den Freuden und Leidenschaften die Streicher gewaltig schwelgen dürfen. Im nachdenklichen Teil Von der Wissenschaft beruhigt sich die Situation, bis später im längeren Tanzlied pure Lebenslust Raum greift. Die insgesamt gut gelungenen Aufnahmen werden sich hoffentlich trotz des großen Angebots auf dem Markt behaupten können (ALPHA 413).

 

Heute ist Ottorino Respighi (1879-1936) im Wesentlichen noch wegen seiner ausgesprochen farbenreich instrumentierten sinfonischen Bilder aus Rom bekannt. Regelmäßig gibt es neue Aufnahmen der Römischen Trilogie, bestehend aus Fontane di Roma (1916), Pini di Roma (1924) und Feste romane (1928). So hat CHANDOS jetzt die im September 2019 in einem Londoner Studio von der Sinfonia of London unter John Wilson aufgenommenen sinfonischen Dichtungen herausgebracht. Die Einspielung besticht durch starke Kontraste bei der Wiedergabe der jeweils sehr unterschiedlichen Stimmungsbilder aus der italienischen Metropole (CHANDOS CHSA 5261). Gerhard Eckels

 

Von Giovanni Battista Pergolesi (1719-1736) haben sich im Repertoire nur sein Stabat Mater und die Kammeroper La serva padrona halten können. Dabei war er in seiner tragisch kurzen Lebenszeit in allen musikalischen Gattungen erfolgreich, von der Oper über vielfältig Geistliches bis hin zu Instrumentalmusik. Da ist es außerordentlich verdienstvoll, dass das italienische Label NovAntiqua das Dramma sacro in tre atti Li prodigi della divina grazia nella conversione e morte di S. Guglielmo duca d’Aquitania (Bekehrung und Tod des Heiligen Wilhelm, Herzog von Aquitanien) in einer gut gelungenen Aufnahme herausgebracht hat. Das Dramma sacro war zu Beginn des 18. Jahrhunderts eine recht verbreitete Gattung der Neapolitanischen Musik, das sich vom Oratorium dadurch unterschied, dass es eine szenische Handlung enthielt und manche Nebenfiguren und deren Gemütszustand geradezu komisch gezeichnet waren. In der legendenhaften Geschichte um Herzog Guglielmo treten neben ihm Bernardo von Clairvaux, ein Teufel und ein Engel in jeweils verschiedenen Erscheinungen sowie der Guglielmo ergebene Capitano Cuòsemo, eine Art Buffo-Figur, auf. Der 1.Akt endet mit einem Quartett, in dem zur Zufriedenheit Bernardos und des Engels und zum Schrecken des Teufels die Bekehrung des Herzogs erfolgt. Im 2.Akt „kämpfen“ Teufel und Engel sowie der Eremit Arsenio weiter um Guglielmos Seelenheil. Im 3.Akt geht es im Kampf zwischen Engel und Teufel erneut hoch her, bis schließlich die Seele des endgültig bekehrten Guglielmo in den Himmel aufsteigt.

Das italienische, stilsicher aufspielende Instrumentalensemble Alraune wird souverän von Mario Sollazzo geleitet, der auch noch die Partie des Cuòsemo übernommen hat, dessen komische Elemente er mit prägnantem Bariton genüsslich auskostet. Das übrige hochkarätige Sängerensemble pflegt eine hohe Klangkultur, idem alle ihre Partien durchweg klar- und schlankstimmig präsentieren, ohne dass es irgendwann blutleer klingt. In der Titelrolle des bekehrten Guglielmo überzeugt Monica Piccinini mit sauber geführtem Sopran, dessen Ausdruckstiefe beeindruckt. Besonders deutlich wird dies in der großen Da-Capo-Arie im 3.Akt, wenn Guglielmo verzweifelt den Verlust des Augenlichts beklagt. Die Sopranistin Caterina di Tonno singt den Engel mit flexibler, schön aufblühender Stimme. Als Gegenspieler des Engels tritt der Teufel auf, der Mauro Borgioni anvertraut ist. Sein sehr beweglicher, vielfarbiger Bariton hat großen Umfang, der gemeinsam mit dem anderen Bariton der Aufnahme (Cuòsemo) in einem witzigen Duett die nicht wirkliche Alternative des Todes auf dem Schlachtfeld oder durch Verhungern aufzeigt. Mit schön ausgesungenen Melodiebögen gefallen die Mezzosopranistinnen Carla Nahadi Babelegoto als Bernardo und Federica Carnevale als Arsenio; in der kleinen Rolle des Alberto ergänzt Arianna Manganello das Ensemble. Insgesamt lohnt es sich, dem selten zu hörenden geistlichen Drama durch diese ausgezeichnete Aufnahme näher zu kommen (NOVANTIQUA NA39, 3 CD).

 

Wer kennt schon Christian Friedrich Ruppe, den niederländischen Musiker und Komponisten deutscher Herkunft, der von 1753 bis 1826 bis auf wenige Unterbrechungen in Leiden lebte? Er war Organist an der dortigen lutherischen Kirche sowie ab 1790 als Kapellmeister, Musikdirektor, Chorleiter und Musiklehrer an der Leidener Universität tätig. Seit 1808 hielt er Vorlesungen über Musiktheorie und wurde 1815 zum Dozenten für Tonkunst ernannt. Zu seinem kompositorischen Schaffen gehören Kantaten, Lieder, Kammermusik und Klavierstücke; aus seiner Dozententätigkeit resultierte eine zweibändige musiktheoretische Abhandlung über die Musik seiner Zeit. Brilliant Classics hat nun eine bereits 1995 erfolgte Einspielung von Ruppes Weihnachts- und Osterkantate herausgebracht. Das klangausgewogene Ensemble Bouzignac, Instrumentalisten der Musica ad Rhenum sowie ein tüchtiges Sänger-Quartett mit Francine van der Heyden, Karin van der Poel, Otto Bouwknegt und Mitchell Sandler geben unter der Leitung von Jed Wentz die etwas an die Oratorien Joseph Haydns erinnernden Kantaten in niederländischer Sprache wieder (BRILLIANT CLASSICS 96108).

 

John Milford Rutter (geb. 1945) gilt als einer der bedeutendsten und populärsten Komponisten von Chor- und Kirchenmusik. Bei NAXOS ist eine im Herbst 2019 eingespielte Aufnahme erschienen, auf der von Luc Vertommen arrangierte Anthems, Hymns and Gloria for Brass Band von der Black Dyke Band unter dem Blasmusik-Spezialisten Nicholas Childs zu hören sind. Im knapp 20-minütigen Gloria begleitet die Band mit ihrem satten Bläserklang den Sheffield Philharmonic Chorus, dirigiert vom Organisten und Chorleiter Darius Battiwalla. Wer gern Kirchenchoräle und andere geistliche Titel von Blechbläsern hört, liegt bei dieser CD richtig (NAXOS 8.574130). Gerhard Eckels

 

 

Dank Piotr Beczala wissen wir endlich, was Pieśni sind. Auch Christoph Prégardien hat sich zum Moniuszko-Jahr 2019 im Lutoslawski-Studio des Polnischen Rundfunks in Warschau im vorigen August Moniuszkos Pieśni angenommen. Darüber steht Chansons, denn Prégardien verbindet die fünf Lieder Moniuszkos mit fünf Gesängen des 30 Jahre jüngeren Henri Duparc. Die polnisch-französische Verbindung macht in vielfacher Hinsicht Sinn. Vor allem aber, weil Moniuszko bei seiner Reise 1862 nach Paris durch Vermittlung Rossinis eine erste, 37 der rund 300 Lieder Moniuszkos umfassende französische Ausgabe seiner Lieder erwirkte. Prégardiens Auswahl beinhaltet u.a. Les larmes, eines von Moniuszkos frühesten Liedern von 1840, zwei Beispiele aus dem Mickiewicz-Zyklus von 1857 sowie ein Lied, das Moniuszko seinem Vater Czeslaw widmete. Prégardien ist ein vorzüglicher Liedsänger, dem ich einen meiner schönsten Liederabende in Paris verdanke. Die Lieder stellen keine unüberwindbaren Herausforderungen. Prégardien lässt bald vergessen, dass sein Tenor an Frische und Beweglichkeit verloren hat, denn er singt mit subtiler Textdurchdringung und verfügt über hinreichend Flexibilität für den Lyra-Spieler. Ungleich weniger Lieder, nur gut ein Dutzend, hat Duparc hinterlassen, von denen Prégardien vor allem das Chanson triste, das aufbrausende Manoir de Rosemonde, das Beaudelaire-Chanson L’invitation au voyage und das feinsinnig leidenschaftliche Phidylé, in dem Christoph Schnackertz seine Kunst der Begleitung ausspielen kann, mit subtiler Hingabe gestaltet. Dazu schließlich noch Ignacy Paderewskis Douze mélodies sur des poésies de Catulle Mendès von 1903, durch die das 80minütige Programm, das in einer würdigen Ausgabe (NIFCCD 070, mit poln., engl., franz Beiheft) erschien, eine innere Geschlossenheit erfährt.

 

Moniuszko, der „Tröster der Nation“, schreibt stets so geschmeidig, schlicht, doch nicht anspruchslos, dass Amateure wie Profis ihre Freude an den Gesängen haben können. Das gilt ebenso für seine rund 90 geistlichen Werke, Messen, Messteile, Hymnen, Psalmen und Kantanten, die der fromme Moniuszkos, der jeden Morgen die Frühmesse besuchte, im Lauf seines Lebens erstellte. Im Zentrum stehen sieben Messen, vier davon in polnischer Sprache. Pawel Lukaszewski stellt in seiner Aufnahme mit dem Musica Sacra Warsaw-Praga Cathedral Choir die Messe e-Moll und die Messe a-Moll vor, erstere reicher und vielfältiger in ihrer Gestaltung der liturgischen Teile, insbesondere dem Agnus und Benedicto, die zweite, ebenfalls nur rund 20 Minuten lang, bezaubernd in ihrer volkstümlichen Schlichtheit (DUX 1648).

 

Großartig dagegen die jeder Hinsicht überquellende und reich dimensionierte Messe solenelle Nr. 2 in d-Moll, mit der sich der Haydn-Bewunderer Luigi Cherubini um eine Anstellung beim Fürsten Esterházy bewarb. Cherubini trumpft mit seiner in Paris verfeinerten Instrumentationskunst und brillanten harmonisch und kontrapunktischen Beherrschung auf. Die Messe ist ebenso feierlich wie pompös und ihre Vokalparts verhehlen trotz aller demütigen Einfachheit nicht ihren virtuosen Hintergrund. Frieder Bernius leitete beim Schleswig-Holstein Musik Festival 2001 eine Aufführung mit dem Kammerchor Stuttgart und der Klassischen Philharmonie Stuttgart, die viel Bewunderung fand und mit namhaften Sängern, darunter Ruth Ziesak, Christa Mayer, Christoph Genz und Thomas E. Bauer, auftrumpfen konnte (Carus 83.512).

 

In rund 20, unterschiedlich umfangreichen Opuszahlen hat Dmitri Schostakowitsch sein zwischen 1922 und 1975 entstandenes Liedschaffen zusammengefasst. Die Auswahl von Margarita Gritskova reicht vom ersten Lied op. 4 bis zum vorletzten Beispiel, der Suite nach Gedichten von Michelangelo Buonarroti op. 145.  Im Studio des Bayerischen Rundfunk stand im Juli 2019 eine eminente Bühnenpersönlichkeit vor den Mikrofonen. Die aus St. Petersburg stammende, an der Wiener Staatsoper engagierte Gritskova war schon in Bad Wildbad u.a. als Rossinis Sigismondo aufgefallen. Auch bei dieser stimmigen Auswahl fasziniert sie durch  eminente Bühnenpräsenz, hohe Musikalität und einen runden, vollen, dunkelglühenden Mezzosopran, der allen Liedern mehr als gerecht wird, der ironischen Fabel von der Libelle und der Ameise in op. 4, den eindringlichen Lermontov-Romanzen, den sprunghaft, in Farben und Stimmungen changierenden Gedichten nach Marina Zwetajewa, mal mütterlich schwer und dunkel, dann wieder verführerisch und feurig, wie in den Spanischen Liedern op. 100, melancholisch in den jüdischen Liedern op. 79. Rhythmisch geschärft in den Griechischen Liedern. Gritskova spielt und gestaltet, ist nicht zu bremsen. Maria Prinz ist ihr dabei die ideale Partnerin. Vor allem nutzt Gritskova Schostakowitsch Fähigkeit, zwischen den Zeilen zu schreiben, zu intensiver gestalterischer Auseinandersetzung, was in den Satiren op. 109 und op. 123 Vorwort zu meinen gesammelten Werken und eine kurze Bemerkung zu diesem Vorwort op. 123 mit dem selbstironischen Text von Schostakowitsch zu hintergründigen, doppelbödigen Szene führt Ausgezeichnet (Naxos 8.574031). Roilf Fath

 

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