Virtuos

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Seine gesamte, zugegebenerweise nur kurze Schaffenszeit hindurch hat Wolfgang Amadeus Mozart neben Opern und Orchesterstücken auch separat existierende Konzertarien komponiert oder Gesangsstücke als Ersatz für Arien in bereits bestehenden Opern anderer Komponisten, oft ausgerichtet auf die vokalen Fähigkeiten mit ihm befreundeter Sängerinnen wie Aloysia Weber, erst Angebetete, später Schwägerin, oder für Josepha Duschek in Prag, wobei die reinen Konzertarien länger sind und ihnen ein Rezitativ vorangestellt ist.

Mit erst dreizehn Jahren komponierte Mozart A Berenice-Sol nascente als Ergänzung zu einer bereits bestehenden Oper, und auf der CD mit dem lyrischen Koloratursopran Lisette Oropesa, begleitet von Il Pomo d’Oro unter Antonello Manacorda überzeugen mit den ersten Takten der festliche Klang des Orchesters wie die glänzende und schillernde Stimme der Solistin. Mit leicht melancholischem Touch bedenkt diese die Arie mit recht dramatischen Koloraturen, variiert fein bei der Wiederholung, lässt die Extremhöhen im günstigsten Fall kristallin, im ungünstigen leicht gläsern erklingen, wobei die Fähigkeit zum Virtuosen stets unangefochten bleibt.

Für Aloysia in einer Kastratenpartie war Non so d’onde viene bestimmt, eine Arie, in der ein Clistene sein Bedauern über die Verurteilung seines Sohnes ausdrückt. Eher wie die eines Jünglings als die eines Vaters klingt die Stimme der Oropesa, bruchlos sicher die Register durchmessend. Für Josepha Duschek komponierte Mozart gleich nach Don Giovanni in Prag Resta, oh cara, für eine Oper Jamellis bestimmt und den Abschied in den Tod eines Titanus, der die geliebte Proserpina nicht ehelichen darf, darstellend, empfindsam im Rezitativ und tragisch umflort in der Arie die Nähe zu einer Donna Anna nicht verleugnend und von Oropesa perfekt ausgeführt.

Der späteren Sängerin der Dorobella, Luisa Villeneuve, war eine Arie, Chi sá, chi sá,  zugedacht, die Oropesa virtuos bewältigt. Für ein privates Konzert in München war Misera, dove son! bestimmt, dessen heroischem Aufbäumen der Sopran perfekt stand hält. Ebenfalls eine Replacement Arie ist Voi avete un cor fedele mit interessantem Stimmungswechsel zwischen Ironie und Übermut und beides vom Sopran unüberhörbar zum Ausdruck gebracht.

Wirkungsvoll herausgearbeitet werden die Kontraste in Ah, lo prevedi, in dem sich Andromeda, ihren Retter Perseus tot glaubend, kontrastreich an ihre unterschiedlichen Partner wendet. Aus dieser Arie stammt das titelgebende Ombra Compagna. Auch in Vado, ma dove? wechseln die Stimmungen, wird einmal Entschlossenheit, einmal inniges Fühlen unverwechselbar zum Ausdruck gebracht.

Den Schluss bildet eine Für Aloysia begonnene und erst zehn Jahre später fertiggestellte Arie ohne Rezitativ auf einen Text Metastasios (L’eroe cinese) in eher heiterer Virtuosität, denn das schlimme Ende, das der Held nimmt, ist noch fern (PTC 5786 885). Ingrid Wanja