Verdienstvoll

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Weg vom Salonlied, den Romanze mit sentimentalem Text, wollte Ildebrando Pizzetti mit seinen Liriche, von denen es über vierzig gibt und die ihn während seiner gesamten Laufbahn, zwischen Naole aus dem Jahre 1899 bis hin zu den Tre Canti d‘Amore aus den Fünfzigern, beschäftigten. Dem Dirigenten Gavazzeni, auch im Bereich der Oper besonders an dieser Zeit interessiert, hat der Komponist viel zu verdanken, so weil auf sein Konto eine Aufnahme seiner bekanntesten Oper, vom Assassinio nella Cattedrale nach dem Versdrama von T.S. Eliot geht mit Leyla Gencer, Nicola Rossi-Lemeni und Nicola Zaccaria. In Wien wurde das Werk mit Karajan und Hans Hotter, Christa Ludwig und Ruggero Raimondi aufgeführt.

Das Liedschaffen Pizzettis umfasst einen kleinen Zyklus im neapolitanischen Dialekt, Texte von Freunden aus seiner Heimatstadt Parma,  den unverzichtbaren D’Annunzio, Griechisches sowie Michelangelo und Petrarca und Hugo. Pizzetti komponierte übrigens nicht nur, sondern verfasste auch wissenschaftliche Werke u.a. über Lieder.

Sämtliche, auch die bisher noch nie veröffentlichten  Stücke für Stimme und Klavier finden sich auf den (großzügig!) auf drei CDs verteilten Darbietungen von Vansisiem, einem Lied-Duo, bestehend aus dem Sopran Paola Camponovo und dem Pianisten Alfredo Blessano, das sich in dieser Epoche besonders wohl zu fühlen scheint, denn voraus ging der CD eine mit Liedern von Malipiero, und 2016 erhielt es in Verona einen Preis für Respighi-Aufnahmen, arbeitete u.a. auch zusammen mit Helmut Deutsch.

Der erste Beitrag, Epitaphe, lässt einen zarten Sopran vernehmen, der geschmeidig geführt wird und viel Wärme ausstrahlt, während die Vigilia nuziale wie gezwitschert klingt und eine glasklare Höhe vernehmen lässt. Die Diktion ist nicht durchgehend ein Verständnis ermöglichend, so dass die Texte doch im Booklet recht schmerzlich vermisst werden. Ein gelungener Intervallsprung nach unten kann da nur teilweise versöhnen. Für Remember nimmt die Stimme einen angemessenen Erzählton an, während im Incontro di Marzo Frische und Spritzigkeit vorherrschen, eine kindliche Naivität gekonnt vorgetäuscht wird.

Der Hörer sollte nicht in den Fehler verfallen, alle drei CDs hintereinander weg zu hören, dazu sind zwar nicht die Lieder einander zu ähnlich, sondern die Beschaffenheit der Sopranstimme, die recht klein und recht begrenzt in den Ausdrucksmöglichkeiten ist, so dass ein Wiegenlied eher kindlich-naiv als mütterlich klingt, Erotica aber auch gar nichts Sinnlich-Schwüles an sich hat. Immerhin gibt es Abwechslung mit dem volkstümlichen Touch für Angeleca und Assunta, Sprechgesang und an Janacek Erinnerndes. Zerbrechlich gläsern geben sich die Sonette von Petrarca, schön geheimnisvoll Oscuro é il Ciel und zumindest dramatische Akzente hat La Vita fugge.

Auf der dritten CD kann man sich über eine abwechslungsreiche Zusammenstellung der Lieder freuen, die von einem schmerzlichen E il mio Dolore über ein lustiges Galoppieren in Bebero e ilsuo Cavallo bis hin zu einem vibratoreichen My cry reicht. Ein zuverlässiger und einfühlsamer  Begleiter ist durchweg Alfredo Blessano (3 CDs, Brilliant Classics 97507). Ingrid Wanja