Verdienstvoll

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Alles andere als ein Grand Seigneur, so der Titel der CD mit dem Bariton Nicola Alaimo, ist der bekannteste aller Donizetti-Baritone, Enrico, der seine Schwester Lucia di Lammermoor mit einer erzwungenen Ehe in den Wahnsinn treibt. Auch den wesentlich unbekannteren Herren, denen sich der Italiener widmet, würde man nicht unbedingt Grandezza zubilligen, allerdings sind sie teilweise aus nachvollziehbaren Gründen auf einem Rachfeldzug oder aus dynastischen Erwägungen heraus gezwungen, sich von der zwar geschätzten, aber unfruchtbaren Gattin zu trennen.

So geht es auch dem Conte in Gemma di Vergy, der befürchtet, die verstoßene Gattin sei durch seine Schuld ums Leben gekommen und der dem Sänger die Möglichkeit gibt, ein angenehmes Timbre, das sich weder eindeutig dem des Brunnenvergifters noch dem des baritono nobile eindeutig zuordnen lässt, zu demonstrieren, dazu viel Brio für die Cabaletta aufzubringen und mit einer schönen Fermate zu prunken. Allerdings wird auch bereits hier deutlich, dass die Extremhöhe deutlich an Farbe und Fülle verliert. Als Alahor in Granata, womit Granada gemeint ist, kommt er als Rächer des Vaters und Befreier der Schwester in die Heimat zurück und beweist sich als Sänger raffinierter Koloraturen und einer ebensolchen Kadenz. Auch aus dem Rezitativ weiß der Sänger viel zu machen. Noch dazu mit dem eigenen Sohn aus erster Ehe sieht sich Azzo in Parisina d’Este betrogen, allerdings noch nicht im ersten Akt, wo die farbige Mittellage im „tutto spiri gioia e pompa“ sich entfalten kann, die Kontraste wirkungsvoll herausgestellt werden. Nicht um den Titelhelden Marin Faliero, sondern um den Galeerenbauer Israele geht es in „Oh miei figli! Oh dolce il canto della forte età primiera!“, wo die fröhliche Stimmung nach der Kränkung durch den Patrizier schnell zu einem  „…vili voi, superbi ingrati!“ führt und der Sänger die Gegensätze scharf herausarbeitet, mit einer generösen Phrasierung erfreut.

Auch Dom Sebastian ist nicht selbst auf der CD vertreten, sondern der glücklich vom Kreuzzug nach Lissabon zurückgekehrte Poet Camoena, der eine sanfte Klage anstimmt. Der Gatte der untreuen Maria di Rohan ergeht sich in schöner Melancholie, so in „è tomba il suol per me“, während er für „voce fatal di morte“ machtvoll auftrumpft und für „di sangue un rio“ eine schöne vokale Entschlossenheit zeigt.

Eigentlich für einen Tenor gedacht war die Titelpartie von Torquato Tasso, der auf der CD mit seiner großen Schlussszene nach der Entlassung aus dem Kerker vertreten ist. Wunderschön korrespondiert die Stimme mit dem sie sanft umspielenden Blasinstrument, konsequent wird auf ein machtvolles „Roma immortal mi fa“ hingearbeitet, und insgesamt hat die CD nicht nur das Verdienst, eine beachtliche Stimme zu dokumentieren, sondern auch das, mit fast unbekannten Werken Donizettis bekannt zu machen. Orchestra e Coro del Maggio Fiorentino unter Giacomo Sagripanti leisten dabei kompetente Schützenhilfe.

Übrigens sollte man Nicola Alaimo nicht mit dem wesentlich älteren Bass Simone gleichen Namens verwechseln! (Dynamic CDS8042I). Ingrid Wanja