Un Lavoro di famiglia

 

Schon immer viel Familiensinn bewiesen hat Roberto Alagna, insbesondere seinen Brüdern Frederico oder David gegenüber, die als Komponist, als Regisseur oder als Produzent für ihn arbeiten durften und deren Verpflichtung wohl die Bedingung für sein Auftreten sein konnte. Auch sein neuestes Werk, Maléna, eine CD mit neapolitanischen und sizilianischen Liedern, ist ein Familiengemeinschaftswerk, umso mehr, als der Anlass dazu die Geburt der zweiten Tochter Malèna gewesen sein soll. Dem Bruder Frederico ist das Vorwort im Booklet zu verdanken, in dem er dem Leser und Hörer den Unterschied zwischen neapolitanischer und sizilianischer Musik erläutert, welche letztere fast ausschließlich, Text sowohl wie Musik, von Frederico stammt; die letzte Canzone mit dem Titel Libertà verantwortet Bruder David, und die Titelcanzone mit dem Namen der Neugeborenen ist ein Gemeinschaftswerk: Text von Roberto und Musik von Frederico.

Bewundert man auf dem Cover  einen noch sehr jugendlichen Roberto Alagna, sieht er auf den Fotos innerhalb des Booklets bereits wesentlich reifer aus, wie es einem Großvater, der er durch die ältere Tochter bereits ist, zusteht.  Bewundernswert jung aber, was Farbe, Geschmeidigkeit und das Gefühl für Rhythmus betrifft, klingt die Stimme in Malèna, voller Elan und innerlicher Anteilnahme. Dramatischer wird es dann in Se parla  è Napule, in dem der Tenor beweisen kann, dass er wie geschaffen für diese Art von Musik ist. Dass man dem Hörer auch mit extrem bekannten Canzonen wie Core ngrato noch etwas Neues nahebringen kann, zeigen das todtraurige „Katali“, die insgesamt  melodramatische Gestaltung, die getragenen Tempi. Angewendet auf Torna a Surriento, verliert die Canzone allerdings etwas an innerer Spannung, umso flinker und von hellerer Farbe zeigt sie sich in Come facette mametta. Hochdramatisches hat ihm der Bruder mit Etna komponiert, mit virtuosen Intervallsprüngen und einer passend harschen Begleitung. Tief liegt Amuri feritu und bekundet so die farbige Mittellage der Tenorstimme. Des Bruders Napolitanella sorgt für den Nachweis von Temperament und der Fähigkeit zu einem schönen Spitzenton. Verzierungs- und variationsreich, dazu sehr verspielt wird das überbekannte O Sole mio dargeboten, mit raffinierter Kadenz zum Schluss. In üppig schwelgendem Wohllaut steht das Orchester, das in wechselnder Besetzung in kleinster Schrift auf dunklem Grund im Booklet kaum auszumachen ist, unter Yvan Cassar der Stimme in I’te vurria vasà in nichts nach. Die Tarantella des Bruders Frederico stellt natürlich Roberto Alagna trotz irrwitziger Geschwindigkeit vor keinerlei Probleme, ein gutes Piano setzt er für das Donizetti zugeschriebene I te voglio bene assai ein. Eher schlager- und weniger volksliednah  ist der letzte Track Libertà von Bruder David, in dem der Tenor noch einmal mit einem Spitzenton prunken kann (DG 4814733). Ingrid Wanja