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Nicht nur bei den Sopranen Miricioiu, Moşuc oder Moldoveanu (und auch bei dem Tenor gleichen Namens) konnte man sich zusätzlich zu einer italienischen melancholischen dolcezza noch an einem gewissen aparten Etwas erfreuen oder tut es immer noch, was wohl dem Rumänischen in der jeweiligen Stimme geschuldet ist. Entsprechende Erwartungen an die reine Verdi-CD von Ştefan Pop bei Euroarts werden leider enttäuscht, auch wenn man es mit einer hochsoliden, technisch gut fundierten Tenorstimme zu tun hat, die leider zwar kraftvoll, aber nicht unverwechselbar, nicht mehr der geschmeidige, brillante Duca oder Alfredo, eher schon der melancholische, mehr (Adorno) oder weniger (Carlo) heldische Spintotenor ist.
Bereits entwachsen scheint der Tenor dem an den Anfang der CD gestellten Duca zu sein, dessen „Quest‘ o quella“ zwar von einer sicheren, wenn auch recht scharfen Höhe Zeugnis ablegt, aber nicht mehr von der wünschenswerten Schlankheit und Biegsamkeit der Stimme, und auch Rezitativ und Arie aus dem zweiten Akt von Rigoletto klingen recht metallisch, wenig geschmeidig, aber durchaus weitgespannte Bögen formend. Die kleinen Notenwerte werden beachtet, klingen aber recht farblos, und im La donna è mobile finden sich Behändigkeit und Brio, aber wenig Eleganz. Auch der Alfredo ist dem Tenor nicht mehr optimal entsprechend, was eine ohne Poesie, gequetscht und in der Höhe scharf klingende Arie , bezeugt, während die Cabaletta eher gehetzt als leichtfüßig klingt.
Einen Schritt in Richtung Dramatik geht es mit dem Rodolfo aus Luisa Miller, dessen Rezitativ grell klingt, während die Arie teilweise mit schöner mezza voce gesungen wird, die Wiederholung nicht ohne Schärfen auskommt. Nicht nur der Manrico bemüht sich auch um die kleinen Notenwerte, die allerdings oft nicht wie hingetupft, sondern leicht meckernd erscheinen, während die Phrasierung eine durchweg gut durchdachte und nachvollziehbare ist.
Eine der poetischsten Verdi-Figuren ist der Riccardo aus Un Ballo in Maschera, dem der Tenor die ihm innewohnende Eleganz mit einem eher derben Seemannslied abspricht, allerdings die letzte Arie auch eine schöne Empfindsamkeit offenbart. Dem um seine Familie trauernden Macduff mangelt es zugunsten einer gewissen Wehleidigkeit im Ton an Nobilität, Don Carlo lässt zumindest in der Wiederholung etwas vom „dolce suol di Francia“ anklingen, Gabriele Adorno schließlich stellt die Kontraste in seiner Gemütsverfassung wirkungsvoll heraus. Die schwierigste Partie dürfte der unselige Jacopo Foscari sein, dem die Tenorstimme tragische Empfindsamkeit verleihen kann, auch die entschlossen klingende Cabaletta wird der Figur gerecht. Foresto aus Attila klingt recht grell, kann aber von einem schönen Legato profitieren, der Oronte wurde wohl wegen der effektvollen Pianohöhe an den die CD krönenden Schluss gesetzt. Lawrence Foster lässt das Orchestre Philharmonique de Marseille zu einem durchaus Italianità versprühenden Begleiter des Tenors werden, der sicherlich ein hochsolider Vertreter seines Fachs ist, das Bedauern über das Hinscheiden eines Bergonzi oder Verstummen eines Carreras aber nicht beenden kann (Euroarts 2011077). Ingrid Wanja