Mathilde Wesendonck und seine spätere Frau Cosima dürften die wichtigsten Frauen im Leben Richard Wagners gewesen sein. Als Beleg dafür können auch diverse Kompositionen außerhalb der Musikdramen gelten. Sie sind oft sehr persönlich gehalten und intim. Mitunter klingen direkte Bezüge zu den Opern auf wie bei den Wensendonck–Liedern. Hänssler Classic kommt das Verdienst zu, diese persönlichen Stücke, die mehr als Gelegenheitskompositionen sind, auf einer neuen CD versammelt zu haben: „Declarations of Love“ – Complete piano works and piano songs for Mathilde and Cosima (HC16058). Es singt die bulgarische Sopranistin Maria Bulgakova, der russische Pianist Andrej Hoteev spielt einen Flügel der Bayreuther Klaviermanufaktur Steingruber & Söhne. Wie Hoteev im Booklet berichtet, hat er Wagner als Klavierkomponisten „1985 in St. Petersburg durch den großen Svjatoslav Richter kennengelernt, dessen Kenntnisse des Repertoires, und keineswegs nur des klavieristischen, umfassend war“. Richter soll in Wagner den größten aller Komponisten gesehen haben. Zu hören ist einleitend die so genannte Wesendonck–Sonate mit der Nummer 85 des Werkverzeichnisses WWW. Wagner hatte sie als Dank für die finanzielle Unterstützung durch den wohlhabenden Kaufmann Otto Wesendonck geschrieben, der sie seine Gattin Mathilde übergeben sollte. In der Folge begann die innige und folgenreiche Beziehung zu der Frau, deren prominentestes Resultat die fünf Lieder nach ihren eigenen Gedichten werden sollte. Folgerichtig finden sie sich auch in der ursprünglichen Klavierfassung in der neuen Sammlung.
Maria Bulgakova muss sich einer gewaltigen Konkurrenz stellen. Ihr ruhiger, dunkel timbrierter Sopran passt gut. Sie bemüht sich um Textverständlichkeit, hat aber auch mit scharfen Tönen zu kämpfen. Mitunter fällt auch die Klavierbegleitung etwas hart aus. Die eigentliche Wirkung dieser Aufnahme ergibt sich erst im Zusammenhang mit den übrigen Titeln, die Cosima zugedacht sind – „Vier weiße Lieder“. Als Referenz an ihre Herkunft als Tochter von Liszt und der französischen Gräfin Marie d’Algout sind drei in französischer Sprache – „Dors mon enfant“, „Attente“ sowie Mignonne, während der als Geburtstagsgeschenk entstandene Tannenbaum in Deutsch geschrieben ist. Cosima, die an einem 24. Dezember geboren wurde, feierte diesen Tag aber stets mit Verspätung am ersten Weihnachtstag. In ihrem musikalischen Erfindungsreichtum bleiben diese Stücke meilenweit hinter den Wesendonck–Liedern zurück. Komplettiert wird das Programm der CD mit zwei kleinen Klavierstücken, dem hier „Schlaflos“ genannten Albumblatt für Mathilde und der Piano-Elegie „Schmachtend“ für Cosima. Alle Kompositionen sind im Laufe der Zeit auch auf anderen Labels veröffentlicht worden. Der Reiz dieser Neuerscheinung besteht in der biographischen Zuordnung. Es hätte sich allerdings gut gemacht, wäre auf dem Cover nicht nur Mathilde, sondern auch Cosima gezeigt worden. Barbara Ranke