Nicht in einem Stück genießen wollen sollte man die neue CD von Magdalena Kožená mit dem Titel Prayer – Voice & Organ, denn wie der Titel verrät, ist das Sujet ein eher beklemmendes, vor allem wenn es um die Bitte um Erlösung vom Erdendasein geht, zum anderen ist die Begleitung durch die Orgel nicht immer eine beglückende. Das liegt ganz gewiss nicht an Christian Schmitt an diesem mit bestimmten Hörerwartungen und -traditionen verbundenen Instrument, sondern daran, dass sein Einsatz in Verbindung mit einer noch dazu lyrischen Solostimme nur ein sehr verhaltener sein kann. Oft hört sich das zu machtvollem Aufbrausen geeignete Instrument nur wie ein mildes Hintergrundsrauschen an, was nicht verwundern darf, denn die wenigsten der 22 Stücke waren für dieses Begleitinstrument vorgesehen, zwei von ihnen, von Hugo Wolf stammend, hat immerhin Max Reger umgeschrieben. Die Möglichkeiten der Orgel klingen nur ganz selten in kurzen Vor-, Zwischen- oder Nachspielen an, ansonsten übt sich der Organist in äußerster Zurückhaltung, ist dadurch kein Partner, was das Instrument auch nicht leisten kann, und trägt dadurch weniger zur Interpretation bei, als es das Klavier oder ein Quartett könnte.
Häppchenweise kann man die CD durchaus goutieren, denn Magdalena Kožená zeigt auch auf dieser Aufnahme eine ebenmäßig gefärbte, leuchtende Mezzostimme, nicht immer ganz akzent- und manierismenfrei, wenn sie bei bedeutungstragenden Worten die Vokale übermäßig dehnt, wie auf „Altar“ in Wolfs Karwoche oder „Grab“ in Schuberts Totengräbers Heimweh, in dem das Kircheninstrument immerhin eine Vision des Sterbewilligen sein könnte. In dem unbekümmert durch die Epochen schweifenden Programm geht es weiter mit Bach Komm, süßer Tod, der mit einer Stimme voller dolcezza besungen wird, die zudem angemessen instrumental geführt wird. Hier macht sich die Transkription Regers in einer stärkeren Präsenz der Orgel angenehm bemerkbar, während sie im folgenden Kaddisch von Ravel nur wie ein dezenter Lautteppich unter der Stimme liegt. Hier handelt es sich um das einzige nichtchristliche Stück, das sich zudem durch eine besondere Dramatik auszeichnet. Die tschechische Sängerin schreckt auch nicht vor dem als einst als Stück für Höhere Töchter verunglimpftem Gebet einer Jungfrau von Schubert zurück und weiß es durch eine schöne Schlichtheit aufzuwerten. Es ist aber aber nicht zu überhören, dass es eine gewisse Nivellierung in der Interpretation der einzelnen Tracks gibt, wenn stilistisch kein großer Unterschied zwischen Barock und neuerer Musik gemacht wird, was natürlich vom Einheitsbegleiter Orgel und der fast identischen Thematik begünstigt wird. Da freut man sich über schöne Verzierungen bei Purcell, die spritzige Freude in Wolfs Zum neuen Jahr oder den optimistischen Schluss mit leuchtendem Jubelton bei Bachs Kommt, Seelen, dieser Tag .
Empfindsamkeit für das Schlafende Jesuskind und einen feinen Schmerzenston für Schuberts Vom Mitleiden Mariä weiß der Hörer danach doppelt zu schätzen. Besonders gut liegt dem Mezzo das Singen in französischer Sprache, wie das Vaterunser von Duruflé beweist, und in Verdis Ave Maria kommt auch die Opernsängerin mit der Entfaltung flammender Farben zu ihrem Recht (DG 479 2067).
Ingrid Wanja