Quellfrisch

„Schon beim ersten Blick auf das Programm dieses Liederabends stellt sich unwillkürlich der Eindruck einer gezielten Dreigliedrigkeit ein, die sich in Bereichen der Musik auch sonst vielfach wiederfindet. Man denke nur an die häufig dreiaktige Spezies der Oper, an die dreiteilige Liedform, an das Trio oder den Prototyp des triadischen Solokonzerts“. Die gezierten und gedrechselten Vergleiche, die im Beiheft bemüht werden und nach Rechtfertigungen und Entschuldigungen klingen, hat dieser Liederabend gar nicht nötig. Am 23. Januar 2000 sang Barbara Bonney, begleitet von André Previn, im Großen Saal der Stiftung Mozarteum Salzburg Lieder von Mozart, Previn und Strauss (belvedere 10156), eigentlich Frau Professor Bonney, wie sie wiederum im Beheft, wo sie im lockeren Gespräch von den Begleitumständen des Konzerts erzählt, österreichisch korrekt angesprochen wird, unterrichtet sie doch seit 2007 am Mozarteum. Mozarts Kleine deutsche Kantate sowie sechs seiner Lieder, fünf Lieder von Strauss inklusive des „September“ aus Vier letzte Lieder sowie Previns Salie Chisum remembers Billy the Kid, das er für Bonney geschrieben hat, und Four Songs for Soprano, Cello and Piano ergeben ein Konzert, das alle Qualitäten der amerikanischen Sopranistin spiegelt, deren Stimme mit einem quellfrischen Bach verglichen wurde: Natürlichkeit – auch in der Ansprache an das Publikum – etwa in Mozarts Sehnsucht nach dem Frühling mit dem Beginn Komm, lieber Mai, Hurtigkeit und Temperament, die nichts mit soubrettiger Munterkeit gemein haben, in Mozarts französischen Ariettes Dans un bois solitaire und Oiseaux, si tous les ans, die lyrische Biegsamkeit ihres Soprans, der hinreichend Gewicht besitzt, um in den Previn-Liedern den Text zu gestalten, (Bonney: „Auf Englisch zu singen, ist für mich dagegen wirklich schwer, weil ich das nie gelernt habe.“) und endlich den strahlenden, nie engen oder spitzen Klang und die bezaubernden leisen Töne in der Höhe bei Strauss, in „Septembe“r. Man hat es von ihr nicht anders erwartet. Das ist alles klug und ausgewogen, ausgesprochen geschmackvoll, auch ziemlich textdeutlich, und zeigt einfach, dass sich Bonney intensiv und lange mit den Liedern beschäftigt hat und weiß, was sie singt. Als Zugabe gibt es „Zueignung“ und eine Vocalise for Soprano, Cello und Piano von Previn.                                  

Rolf Fath