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Beloved Songs nennt der armenische Tenor Liparit Avetisyan sein auf CD erschienenes Recital von Arien in vier Sprachen, und beliebter geht es wirklich nicht mehr, wenn sich Nemorino, Edgardo, Duca, Alfredo, Rodolfo, Faust, Des Grieux und Lenski miteinander vereinen, lediglich der Herr aus Iolanta und ein armenischer Liebender scheren da etwas aus der prominenten Reihe. Eng ans lyrische Fach hält sich der Sänger auf der CD, während er auf der Bühne sich bereits ins Spintofach vorgewagt hat, aber eindeutig hören lässt, dass der Tenor noch ein streng lyrischer, sogar dem tenore di grazia zugeneigter ist. Im beiliegenden Booklet verrät er wenig über sich, es gibt lediglich vier Absätze: Auftrittsorte (alle von Bedeutung), Rollen ( alle beliebten und bekannten seines Fachs), nochmal Auftrittsorte, besonders dabei Festivals (ganz, ganz viele) schließlich Dirigenten, Partnerinnen und Partner (umgekehrt wird es wohl nicht geschehen) und Preise (Was gibt es doch für viele, da ist für jeden etwas dabei!). Informationen über Herkunft, Ausbildung, Werdegang und Zukunftspläne wären sicherlich willkommener gewesen für den Opernfreund, der sich wirklich ein Bild von einem sogenannten neuen Stern am Opernhimmel machen will.
Es beginnt also mit Una furtiva Lagrima, für die der Sänger ein helles Timbre, ein gut tragendes Piano und weniger präsentes Pianissimo zur Verfügung hat, einen agogikreichen, manchmal übertrieben unruhigen Vortrag vernehmen lässt und auf dem Credo sich zu einem schönen Aufblühen entscheiden kann. Edgardo beklagt sein und der teuren Avi Schicksal mit geeignetem Timbre, einem sehr schönen Diminuendo am Schluss und zwischendurch weniger Schattierungen, als man sie sich wünschen würde und dazu eine weniger offen gesungene Höhe.
Die Bollenti Spiriti Alfredos klingen jugendlich, besonders die Cabaletta besticht durch eine gute Phrasierung. Die findet sich auch bei des Duca Parmi veder le lacrime, der die herrschaftliche Attitude in der Stimme hat, mehr Rachgelüste als Mitleid vermittelt und den Schluss mit lyrischer Emphase gestaltet. Ein kraftvoller Spitzenton krönt La donna è mobile, der Kontrast zwischen Leidenschaft und Ironie wird gut herausgearbeitet.
Für die Gelida Manina wünscht man sich ein farbigeres Timbre, wie überhaupt für Puccini, dessen Rodolfo aber noch am ehesten zur hellen Tenorstimme passt.
Mit schöner voix mixte nähert sich Avetisyan dem Gounod-Faust und beweist so nicht nur mit dem strahlenden Spitzenton seine Eignung für das französische Repertoire. Der Massenet-Des–Grieux beginnt hauchig, lässt sich später zu leicht zum Schreien verleiten und wirkt dadurch etwas unkontrolliert.
Tadellos gelingt der Lenski, schönes Ebenmaß verbindet sich mit hörbarer innerer Beteiligung, was auch für die Arie aus Iolanta gilt, die mit einem beeindruckenden Falssettone endet.
Dem Heimatland wird mit dem letzten Track stimmschön gehuldigt.
Der in einer Art Nachwort ausgesprochene Dank des Sängers gilt zu Recht dem Kaunas City Symphony Orchestra unter Constantine Orbelian (Outhere3615). Ingrid Wanja