Eher sich selbst als dem potentiellen Hörer ein Geschenk macht Katerina Mina mit ihrer CD Angel of Fire, Titel auch eines aus ihrer Feder stammenden Gedichts, einem der zehn Tracks, die einen weiten Bogen spannen von Beethoven bis Barber und von Verdi bis Hodel. Das Recht zum Vorstellen auch von Unvollkommenem gibt ihr ihr schweres Schicksal: eine heimtückische Krankheit zwang sie dazu, ihre Karriere als Sängerin abzubrechen und sich für zehn Jahre nur ihrer Genesung zu widmen. Danach, so beschreibt das Booklet, soll sich ihre Stimme mit Hilfe erfahrener Gesangslehrer zu der eines Spintosoprans entwickelt haben. Das erweist sich als ebenso anfechtbar wie ihre Behauptung, bei den von ihr auf der CD vorgestellten Mädchen und Frauen handle es sich durchweg um starke Persönlichkeiten, was man zumindest Manon Lescaut und Elsa nicht ohne weiteres zugestehen möchte. Doch das allein wäre kein berechtigter Einwand gegen die CD als Ganzes.
Es beginnt mit der Pace-Arie aus Verdis La Forza del Destino, zu der der kristalline Klang der Stimme nicht recht passen mag, sie zu körperlos und was der Italiener acerba ( das Gegenteil von reif) nennt, klingt, zwar die Höhe da ist, nicht aber die Wärme und Rundung einer Verdi-Stimme. Es folgt die Arie der Maddalena, die hier so klingt, wie man sich den Charakter der Figur im ersten Akt vorstellt: ein unbedarftes Mädchen, zu dem „La mamma morta“ nicht passt. Gar nun für die Fidelio-Leonore und ihr „Abscheulicher…“ ist der Sopran viel zu klein, zu brav klingend, zu kontrastreich gegenüber dem dunklen Ton der Bläser, und „Ich folg‘ dem innern Triebe“ bringt die Sängerin nicht nur an ihre Grenzen, sondern lässt sie davor scheitern. Den vielfältigen Orchesterfarben hat sie einfach nichts entgegen zu setzen. Die unerweckte jungfräuliche Elsa passt vom Charakter her am ehesten zur Sopranstimme, nicht aber zur recht verwaschenen Diktion. Das zarte Stimmpflänzchen vermag auch Adriana Lecouvreur nicht gerecht zu werden, die „Umile ancella“ klingt naiv-empfindsam, nicht aber wie das Bekenntnis einer raffinierten Künstlerin. Manons „Non voglio morir“‘ ist ein mörderischer Kraftakt für eine Stimme, der Massenets Manon vielleicht eher angestanden hätte. Spitze Schreie gehören nichts ins „Vissi d’arte“.
Besser gefallen kann die Klage der Andromache von Samuel Barber, in der der Gestaltungswille der Sängerin zu bewundern ist, ebenso wie in den beiden Liedern, deren Text sie selbst geschrieben hat, Angel of Fire und Love, in Musik gesetzt vom Cross-Over-Komponisten Stephan Hodel. Hier sollte die Sängerin ihr Betätigungsfeld sehen, nicht in unerreichbaren Opernfiguren. Das Royal Philharmonic Orchestra unter Grzegorz Nowak begleitet sensibel (RPO SP 057). Ingrid Wanja