Der 1920 als Walter Aptowitzer in Wien geborene Musikkritiker und Komponist Walter Arlen konnte durch seine rechtzeitige Flucht in die USA dem Holocaust entgehen. Dort, und in verschiedenen Europäischen Ländern arbeitete Arlen zeitweilig als Musikwissenschaftler, als Kritiker und als Komponist. Das Label Gramola, das Arlen bereits mit einer Lieder-CD in seiner Reihe exil.arte ehrte, veröffentlicht nun eine Doppel-CD Die letzte Blaue mit Stücken für Klavier und Liedern für Bariton und Sopran. Diese Werke sind teilweise jüngeren Datums, trotz seiner weitgehenden Erblindung komponiert Arlen auch weiter, fertigt zum Teil auch revidierte Fassungen früherer Kompositionen an.
Der Pianist Daniel Wnukowski und der Geiger Daniel Hope nehmen sich Arlens etwas spröden Stücken mit großem Engagement an. Manche Stücke sind bedeutenden Persönlichkeiten wie Milhaud, Yelena Bonner, u.a. gewidmet. Ein Stück, „Arbeit macht frei“ entstand unter dem Eindruck eines Besuches in Auschwitz. So haben eine Mehrzahl der hier vorhandenen Stücke sehr emotionale Hintergründe, bleiben aber in ihrer musikalischen Sprache eher kühl und distanziert.
Eine Reihe von Liedern wird von dem Bariton Christian Immler und der Sopranistin Rebecca Nelsen interpretiert. Die ausschließlich englischen Texte stammen von Dichtern wie Mark Strand, Richard Church und Robin Flower. Die Textbehandlung durch die Sänger lässt allerdings durchaus zu wünschen übrig. Immler verfügt über einen angenehmen, warmen Bariton, Nelsen dagegen klingt durchgängig etwas sauer und unfrisch. Das titelgebende letzte Stück „Die letzte Blaue“ ist eine etwas boshafte Hommage an das sentimentale Wiener Lied – Nelsen singt es so schmierig und lasziv, dass einem trotz aller Text-Unverständlichkeit das Lachen vergeht. Insgesamt ein verdienstvolles Projekt, das aber in seiner Sprödigkeit keine rechte Begeisterung aufkommen lässt ( Gramola 98996).
Peter Sommeregger