Ein sehr originelles Programm hat sich Valer Sabadus für seine neue CD bei SONY zusammengestellt. Unter dem Titel Caro Gemello (Teurer Zwilling) beleuchtet er die einzigartige Freundschaft zwischen dem Kastraten Farinelli und dem Librettisten Pietro Metastasio (Sony Music 89853 05382). Werke von sechs Komponisten vereint das Programm, beginnend mit der dreisätzigen Sinfonia aus Ezio von Nicola Conforto, die das Concerto Köln spannungsreich musiziert. Später folgt als weiterer instrumentaler Beitrag noch die Introduzione aus Antonio Caldaras La morte d’Abel. Es finden sich zudem zwei Arien aus diesem Werk, welches beweist, dass Farinelli auch in geistlichen Oratorien aufgetreten ist. Beide singt der Titelheld. „Quel buon pastor son io“ und „Questi al cor“ sind von ernstem, getragenem Duktus, und der Sänger überzeugt in beiden Nummern mit betörendem Stimmklang.
Die erste vokale Nummer der Anthologie ist jedoch die Arie des Farnaspe, „Amor, dover, rispetto“, aus Geminiano Giacomellis Adriano in Siria. Sie war ein Glanzstück Farinellis, in welchem er seine vokale Bravour mit schier endlosen Koloraturrouladen ausstellen konnte. Auch Valer Sabadus brilliert hier mit geläufiger Gurgel, wobei bei den Koloraturläufen gelegentlich ein leicht heulender Klang zu bemerken ist.
Das Libretto zur Oper Nitteti hatte Farinelli in seiner Funktion als Beauftragter des spanischen Königs in Madrid, wohin sich der erst 32jährige Sänger zurückgezogen hatte, bei Metastasio bestellt. Nicola Conforto setzte es in Töne. Die Arie des Sammete, „Se d’amor“, ist weniger der Bravour verpflichtet, sondern schon von klassischem Charakter. Sabadus kann mit ausgewogener und wohllautender Stimme überzeugen. Aus Johann Adolf Hasses Ruggiero, dem letzten Libretto Metastasios, erklingt eine Arie des Titelhelden „Di quella ch’io provo“. Sie ist von energischem Charakter und reicher Koloratur, was der Altus glänzend umsetzt, dabei seine substanzreiche tiefe Lage wirkungsvoll einbringt.
Nicht weniger als vier Kompositionen stammen aus der Feder von Nicola Antonio Porpora. Zwei davon singt der Hirt Tirsi in Angelica e Medoro. In dieser 1720 für die Geburtstagsfeier der österreichischen Kaiserin Elisabeth Christine komponierten Serenata debütierten sowohl der erst 15jährige Sänger als auch der Textdichter in Neapel. „Non giova il sospirar“ und „Il piè s’allontana“ geben sich munter und beschwingt. Sabadus setzt das mit serenem Ausdruck und graziösen Koloraturen um. Es war der Beginn einer einzigartigen Künstlerfreundschaft und in den folgenden Jahren sang Farinelli immer wieder in Opern auf Texte Metastasios.
Die beiden anderen Kompositionen gehören Aci im Polifemo – und es sind die einzigen, deren Texte nicht von Metastasio geschrieben wurden, sondern von Paolo Antonio Rolli, der schon für Händel komponiert hatte. Farinelli sang die Rolle in London auf dem Höhepunkt seines Ruhmes. „Senti il fato“ wird bestimmt von ausgedehntem Zierwerk und heroischen Sprüngen, steht damit in großem Kontrast zu dem gefühlsträchtigen „Alto Giove“, welches die Sammlung beschließt. Sabadus kann hier gleichermaßen überzeugen mit unangefochtener Bravour im ersten und anrührender Emotion im zweiten Stück. Bernd Hoppe