Zum 70. Geburtstag von Kiri Te Kanawa – „The Classic Albums“: Kiri Te Kanawa wird am 6. März 70 Jahre alt. Decca ehrt die neuseeländische Sopranistin, eine der größten Opernsängerinnen des 20. Jahrhunderts, mit der limitierten Sonderedition.
Kiri Te Kanawa vereint in ihrer Persönlichkeit seit jeher den Gegensatz von strahlendem Bühnenimage als aristokratische Heldin par excellence und „polynesischer Gelassenheit“, die böse Zungen als Phlegma bezeichnet haben. Ein wenig, so scheint es, musste man die Primadonna immer wieder zu ihrem Glück zwingen. Als Tochter eines Maori und einer Europäerin bei Adoptiveltern aufgewachsen, die ihr Talent früh förderten, richten sich die Ambitionen der hübschen jungen Sängerin zunächst auf Schlager und Musicals – weil sie leichter zu singen sind, wie sie einmal mit der ihr eigenen Nonchalance bekennt. Die Jobs als Telefonistin und Verkäuferin, mit denen sich Kiri Te Kanawa eine Zeit lang begnügt, kann sie dank finanzieller Unterstützung der Maori Trust Foundation an den Nagel hängen. Eingefädelt hatte das die Ziehmutter, um ihrer Tochter intensiveren Gesangsunterricht zu ermöglichen.
Plötzlich Sopran
Dank eines Stipendiums, das Kiri Te Kanawa nach Erfolgen bei klassischen Gesangswettbewerben in Neuseeland und Australien erhält, kann sie ab 1966 in London studieren. Der Dirigent Richard Bonygne konfrontiert sie dort erstmals mit der Tatsache, sie sei nicht der Mezzo, für den sie sich bislang gehalten hat. Vielmehr besitze sie einen wundervollen Sopran. „Um ehrlich zu sein: Das war schon eine ziemliche Überraschung”, sagt sie einmal im Interview. Es fällt ihr anfangs schwer, sich an die neuen Arbeits- und Lebensbedingungen in London zu gewöhnen. Sie gilt als unzuverlässig und häufig schlecht vorbereitet. Erst die Heirat mit einem Ingenieur im Jahr 1967 scheint ihr mehr Stabilität zu geben. Den Ruf, nicht gern neue Rollen einzustudieren, wird sie allerdings nie ganz los.
Durchbruch als Gräfin im „Figaro“
Zum ersten internationalen Triumph wird „Die Hochzeit des Figaro“ am Royal Opera House. Bei Proben zur Neuproduktion von 1971 erregt sie die Aufmerksamkeit von Colin Davis. „Ich traute meinen Ohren nicht“, erinnert sich der Dirigent. „Ich habe tausende Proben gemacht, doch ihre Stimme war so fantastisch schön, dass ich sagte: ‘Lasst sie uns noch einmal hören. Ich will sicher gehen, nicht zu träumen’“. Die Aufführung überwältigt auch Publikum und Presse. Der angesehene Musikkritiker Desmond Shaw-Taylor schwärmt in Bezug auf Kiri Te Kanawas Interpretation der Arie „Porgi amor’“ von einem „reinen, strahlenden und üppigen Klangstrom, der stets hell und sicher blieb, selbst an den Übergängen zwischen mittlerem Register und Kopfstimme, wo alle Soprane mit Ausnahme der vollendetesten schwanken.“
Sängerin der königlichen Hochzeit
„Der Frachtzug setzte sich in Bewegung und hielt nicht wieder an“, sagt sie über ihren internationalen Durchbruch. Kiri Te Kanawa erobert die großen Opernbühnen der Welt. Sie feiert große Erfolge als Marschallin im „Rosenkavalier“, Desdemona in „Otello“, Mimi in „La Bohème“, Micaela in „Carmen“ und Maria in „Westside Story“. Zu Georg Solti knüpft sie besonders enge künstlerische Bande. Sie nimmt zahlreiche Platten mit ihm auf. Er erweist ihr die Ehre, die „Vier letzten Lieder“ seines Freundes Richard Strauss mit ihr aufzunehmen. 1981 erfährt ihre bereits märchenhafte Popularität einen weiteren Schub: Sie singt auf Wunsch des Bräutigams bei der königlichen Hochzeit von Prince Charles und Diana Spencer in der St. Paul’s Cathedral. Im darauffolgenden Jahr ernennt Queen Elisabeth Kiri Te Kanawa zur Dame Commander of the Order of the British Empire.
Mozart und Strauss
„Die Musik von Mozart und Strauss scheint wie geschaffen für meine Stimme“, sagt sie über ihre beiden Lieblingskomponisten. „Beide komponieren sehr wohlwollend für Sopran, etwa wenn das Orchester hinter dir anschwillt, um sich dann sanft zu teilen und den Weg für dein Sopransolo frei zu machen. Man fühlt sich beschützt.“ Kiri Te Kanawa hat ihren lieblich hellen Sopran, der mit scheinbarer Mühelosigkeit selbst höchste Lagen erreichte, über Jahrzehnte unbeschadet gehalten. Nur selten erlag sie der Versuchung, die natürlichen Grenzen ihrer Stimme zu überschreiten. „Das Wort ‘nein’“, so meint sie, „ist ein sehr wichtiges Wort im Repertoire einer Sängerin“.
Sonderedition zum 70. Geburtstag
Anlässlich des 70. Geburtstags der größten neuseeländischen Opernsängerin veröffentlicht Decca die limitierte Edition „Kiri Te Kanawa – The Classic Albums“. Sie beinhaltet wunderbare Aufnahmen der „Vier letzten Lieder“ von Strauss und eine Auswahl von Mozart-Arien aus Opern wie „Figaro“, „Così fan tutte“, „Idomeneo“ und „Zauberflöte“. Lieder und Arien von Schubert, Mendelssohn, Liszt, Ravel, Rachmaninoff und anderen Komponisten runden diese Sonderedition (6CDs) zu Ehren einer der ganz großen Sängerinnen des 20. Jahrhunderts ab. Decca/Universal