Jonathan Tetelman zum Zweiten

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Geschniegelt und gebügelt schaut Jonathan Tetelman vom Cover seiner zweiten CD, die ausschließlich Giacomo Puccini gewidmet ist, dessen hundertster Todestag unmittelbar bevorsteht. Eher an Lehár als an den italienischen Opernkomponisten denkt man bei diesen Fotos und erwartet  von einer derartigen Optik viel akustische süßliche Eleganz und viel tenoralen Schmelz, um nicht zu sagen viel Schmalz , doch sowohl optisch im Booklet wie akustisch auf der CD werden die Erwartungen nicht erfüllt, denn die inseitigen Fotos zeigen den amerikanischen Sänger mit chilenischer Abstammung eher leger bis robust und immer dem Betrachter eindringlich in die Augen schauend.

Vier der auf der CD bedachten Figuren hat der Tenor bereits auf einer Bühne verkörpert, Rodolfo, Cavaradossi, Luigi und Pinkerton, die bisher noch nicht bedachten sind zum großen Teil bereits in Vorbereitung. Bei der Auswahl der Arien, aber auch Duette oder Szenen  aus La Bohéme oder Butterfly, fällt auf, dass manchmal bekannte Arien zugunsten weniger geläufiger Szenen wider des Hörers Erwartung nicht vertreten sind. So gibt es von Pinkerton nicht das Fiorito Asil, sondern aus dem dritten Akt eine kurze Szene zwischen Suzuki, Sharpless ( sonor Önay Köse) und Pinkerton und von Des Grieux nicht Pazzo non sono, guardate, sondern einen Ausschnitt aus dem Duett mit Manon aus dem zweiten Akt.

Ansonsten gibt es viele der berühmten Arien wie natürlich Calafs Nessun dorma, nicht nur durch Pavarotti verkommen zur Bravourarie und auch auf dieser CD als imponierender Kraftakt, der beim Vincerò zum Lautstärkenregler eilen lässt, aufgefasst. Da kann es auch der Prague Philharmonia unter dem erfahrenen Carlo Rizzi nicht gelingen, etwas von der nächtlichen Stimmung an den Hörer zu vermitteln. Mehr gefallen kann allerdings Non piangere, Liù, das zumindest im ersten Teil zärtlich verträumt klingt.

Gleich drei Tracks widmen sich La Bohéme, zunächst natürlich Che gelida manina, in der weder jugendlicher Leichtsinn einer povertà lieta, noch der träumerische Glanz der notte di luna zu vernehmen ist, stattdessen zu sehr auf gröbere Effekte hin gearbeitet wird. Im Schluss des ersten Akts klingt Rodolfos Sognar zu geschmettert, le dolcezze estreme findet man eher beim Sopran Federica Lombardi, deren Stimme Charme und Süße hat. Auch in der Schlussszene des 3. Akts klingt der Tenor recht hart, lassen Musetta Marina Monzò und  Theodore Platt als Marcello aufhorchen.

Die beiden Arien des Cavaradossi lassen ein Recondita armonia hören, das ganz auf ein wahrhaft geschmettertes Tosca sei tu hinarbeitet und ein Lucevan le stelle mit schönem Parlando vor Beginn der Arie, mit recht erfolgreichem Bemühen um die für diese Arie so wichtige Agogik, die dann doch wieder abgelöst wird von einem nur auf Überwältigung zielenden Schluss.

Des Grieux ist außer mit dem Ausschnitt aus dem zweiten Akt von Manon Lescaut mit Donna non vidi mai vertreten, das gänzlich der Poesie und Verträumtheit entbehrt, wie unter Überdruck steht, da hätte man anstelle der Kraftentfaltung doch lieber etwas in der Nähe eines sussuro gentil gehört, während aus dem zweiten Akt der Ausbruch der Verzweiflung mit angemessenem vokalem Kraftaufwand bewältigt wird, nachvollziehen lässt, warum die Partie als Otello Puccinis gilt. Auch Dick Johnson aus La Fanciulla del West kommt den vokalen Möglichkeiten Tetelmans, der in vielem an Mario del Monaco erinnert, entgegen mit einem kraftvollen Che ella mi creda und einer kurzen Passage aus dem ersten Akt. Eine eher auch lyrische Qualitäten aufweisende Stimme wünscht man sich hingegen für den Ruggero aus La Rondine und den Roberto aus Le Villi.

Bleibt noch der Luigi aus Il Tabarro, mit dem der Tenor unlängst an der Deutschen Oper Berlin reüssierte. Währen der Sopran Vida Miknevičiũtè ihre Giorgetta bebend in verhaltener Lust und Angst sich äußern lässt, auch das Orchester die Anspannung, die auf der Bühne herrscht, nachvollziehen lässt, äußert sich Tetelmanns Luigi zwar imponierend heldisch, aber doch eher eindimensional und hörbar nur auf den  nicht immer positiven Eindruck kraftprotzenden Singens vertrauend (DG 486 4683/ Foto Jonathan Tetelman DOB Stephen Howard Dillon). Ingrid Wanja