Pavol Breslik gehört seit mehr als 10 Jahren zu den gefragten Belcanto- und Mozart Tenören in Europa – spätestens seit 2005, als der slowakische Sänger von der Zeitschrift „Opernwelt“ zum „Nachwuchssänger des Jahres“ erklärt wurde, reißen sich die Veranstalter um ihn. Nun hat er beim Label orfeo ein Recital mit Mozart-Arien herausgebracht. Pavol Breslik ist eigentlich kein reiner lyrischer Tenor, er hat eine gewisse Rauheit im Timbre, seine metallen-schlanke Belcanto-Stimme entstammt eher der agilen Gimenez/Flórez/Matteuzzi-Schule (letzterer hat ihn auch unterrichtet). Und das bekommt diesen Tenor-Rollen sehr gut! Das ist kein weicher Mozart. Bresliks Figuren stehen unter Dampf, glühen und sind auch ein klein bisschen aggressiv, genau wie im richtigen Leben. Das ist wirklich erfrischend anzuhören. Bresnik geht an die Grenzen dessen, was man mit dieser Musik emotional machen darf, ohne die Stilgesetze des späten 18. Jahrhunderts zu überschreiten. Die Koloraturen sind superb, die Höhen strahlend. Und doch ist dieser Mann fest im 21. Jahrhundert verankert und transportiert delikat heutige Emotionen im Rahmen der alten Noten. Mehr kann man als moderner Sänger wohl nicht für Mozart tun.
Das Superbekannte überwiegt: Als Album-Konzeptionierer allerdings schon. Das Repertoire der CD ist nicht sehr einfallsreich im Vergleich zu dem, was sonst viele Labels in den letzten Jahren zu bieten haben, nämlich eine intelligente Mischung aus Repertoire und Rarität. Hier überwiegt dann doch eindeutig das Bekannte bis Superberühmte, also Arien aus der Entführung, Cosi fan tutte, Don Giovanni, Idomeneo und Zauberflöte. Da hätte ich mir noch ein bisschen mehr Experimentierfreude gewünscht, vielleicht einige Sachen aus unbekannteren Opern wie Lucio Silla oder mehr Konzertarien. Immerhin, eine große ist dabei (KV 431). Und das ist gut, denn hier darf Breslik alles zeigen was er kann, genau wie in der virtuosen „Fuor del mar“-Arie aus Idomeneo, die in dieser Interpretation zeigt, dass Mozarts Seria-Figuren Mysliveceks und Jommellis Opernwelt näher stehen, als manch höflichere, vorsichtigere Interpretation bisher nahelegte.
Zu hastige Tempi? Das Münchner Rundfunkorchester unter Patrick Lange begleitet solide, aber nicht immer besonders aufregend. Die zuweilen sehr schnellen Tempi erinnern mich an die finsteren Tage des eiligsten Dirigenten der Welt Arnold Östman, des es schaffte, alle Mozart-Opern ohne Striche in ICE-Geschwindigkeit auf zwei CDs zu bekommen. Und ich dachte, das hätten wir hinter uns… Mir gefällt das nicht. Aber das heißt nicht, dass mein Ohr der Maßstab aller Dinge ist. Andere mögen das aufregend finden, und mir soll´s recht sein. Denn grundsätzlich ist dies hier ein wirklich gelungenes Album (Wolfgang Amadeus Mozart, Tenor-Arien, Pavol Breslik, Tenor ; Münchner Rundfunkorchester; Patrick Lange, orfeo C 889161A). Matthias Käther