Auch vor der Oper nicht Halt macht die Globalisierung, und manch anonyme, nicht durch ein unverwechselbares Timbre wiedererkennbare Stimme ist ihr Preis. Das eher umgekehrte Phänomen zeigt sich bei der Recital-CD des ukrainischen Tenors Dmytro Popov, der in den Hymns of Love in vier Sprachen und aus vier Kulturkreisen eine kraftvolle, sehr persönlich gefärbte Stimme hören lässt, die besonders im italienischen Repertoire leicht verstört. Nun ist das Timbre einer Stimme Geschmackssache, und man sollte wohl nicht unbedingt Carlo Bergonzi mit Stille Nacht kurz zuvor gehört haben, aber in jedem Fall dürfte Recondita armonia befremdlich klingen, weil mit auch im Vergleich mit den Orchesterfarben recht dumpf erscheinender Mittellage und sehr metallischer Höhe gesungen wird, wobei schon nicht mehr ins Gewicht fällt, dass der Schluss, anders als von Puccini komponiert, im Forte dargeboten wird. Ähnliches gilt für die zweite Arie des Puccini-Des-Grieux, der sich zwischen trübsinnig und kraftprotzend klingend bewegt, während in Cielo e mar die Stimme zu gewichtig erscheint, wenig poetisch, geradezu herrisch im „vieni o donna“, allerdings am Schluss mit ätherischen, wenn auch nicht perfekt angebundenen „sogni d’amor“. Eine sensationell sichere Höhe kann in der „gelida manina“ gefallen, womit das italienische Repertoire erledigt wäre.
Die Blumenarie aus Carmen besticht durch den selten so empfindsam gehörten Vortrag, geradezu sensationell wird der Schluss, und zwar so, wie es Bizet komponiert hat und wie es kaum je gesungen wird, dargeboten. Auch Gounods Romeo kann mit einem schönen Spitzenton mit Decrescendo punkten, klingt allerdings wenig jünglingshaft, weil sehr verhangen, auch Faust wagt einen schönen Falsettino-Schluss.
Tschaikowski ist zweifach vertreten, so mit der ersten Arie des Lenski, wo nur der Hörer etwas auszusetzen hätte, der einen Mozartsänger in der Partie gewöhnt ist. Im fein charakterisierenden Gesang wird die Figur des Wladimir aus Borodins Fürst Igor für den Hörer erfahrbar, Dvoṙáks Prinz aus Rusalka tritt mit geradezu heldischem Aplomb auf.
Den Abschluss bilden ein Ausflug in die Operette und einer ins ukrainische Volkslied. Tenorale Prachtentfaltung kennzeichnet „Dein ist mein ganzes Herz“, ganz unverstellt und selbstverständlich klingt das Lied von den schwarzen Augenbrauen und den Augen wie Haselnüsse. Das Deutsche Symphonie-Orchester Berlin unter Mikhail Simonyan begleitet kompetent (Orchid Classics ORC 100148). Ingrid Wanja