Der Liebe heitere Seite

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Dem päpstlichen Verbot von Opernaufführungen verdankt die Nachwelt eine Reihe von Kantaten, mit deren Komposition der junge Georg Friedrich Händel, il bello Sassone, in seiner frühen, italienischen Phase im Dienste römischer Adelsfamilien wie der des Marchese Ruspoli der Vergnügungssucht des Publikums entgegenkommen konnte. Als er später in London die Möglichkeit hatte, den Engländern ganze  Opern vorstellen zu können, gab er diese Kompositionsform fast völlig auf. Der italienische Sopran Francesca Aspromonte hat gemeinsam mit Boris Begelman und dem Arsenale Sonoro einige Kantaten für das Label Pentatone aufgenommen und sich dabei nach eigener Aussage auf diejenigen beschränkt, die sich nicht nach Art einer Didon oder Ariadne mit Wehklagen über treulose oder vom Unglück behaftete Liebhaber befassen, sondern ein sehr selbst- und seines Wertes bewusstes Frauenbild zeichnen. Manchmal gibt es sogar einen Wechsel innerhalb eines Stücks, wenn zunächst durchaus die treue, in weiteren Rezitativen und Arien hingegen die freie Liebe gefeiert wird, so in Un‘ alma innamorata. Die Fotos im ausschlussreichen Booklet sprechen sogar, so neckisch, wie sich die beiden Solisten darstellen, von Übermut und Tollerei.

Es beginnt mit Mi palpita il cor, eingeleitet von einem Seufzer und im Rezitativ mit gestochen scharfen Koloraturen erfreuend, das kleine Orchester umschmeichelt die Stimme elegant, die leider zunehmend verwaschen klingt, so dass man froh ist, den Text im Booklet nachlesen zu können. Dabei ist die zarte, weiche Mädchenstimme, die sich allerdings eines Mannes, der eine Cloris anbetet, annimmt, von schöner, sanfter Melancholie, in den Höhen auch einmal nur wie hingetupft wirkend. Auch in Un’alma innamorata werden viele Konsonanten verschluckt zugunsten eines weichen bis verwaschenen Klangs, die Stimme macht oft den Eindruck eines weiteren Instruments, das aber durchaus den bereits erwähnten Umschwung in der Haltung der Liebenden, den vom Leiden zum Aufbegehren, deutlich machen kann. Markant wird es in E pur benché egli veda, ausgesprochen spritzig klingt die Arie Io godo, rido spero, schön gerundet klingt Ben impari come s’arma. Da ist nicht nur der Text eine Kampfansage an den untreuen Fileno.

Tu fedel, tu costante ist keine erfreute Feststellung, sondern eine empörte Anklage und pure Ironie. Da wird ein wahrer Don Juan beschrieben, eher tränensatt als überlegen spöttisch, aber immer wieder auch über Silben hinweg huschend, doch kann auch nicht umhin, immer wieder die Leichtigkeit der Emission zu bewundern. Ma il tuo genio incostante erweist sich als neckisches Spiel, ein Selbstgespräch mit einem zweiten Ich, S’un un di m’appago ist eine Weltpremiere als Einspielung und lässt den Schalk in jeder ihrer Phrasen aufblitzen.

Das Orchester ist nicht nur ein kompetenter Begleiter, sondern erweist sich in der Violin Sonata in G Minor und in der Sonata a tre in G Minor als vorzüglicher Händelinterpret, dem man gern zuhört (Pentatone PTC 5187 083). Ingrid Wanja