Eine Ausgabe mit zwei CDs für Kenner und Liebhaber des Besonderen legt Sony unter dem Titel Transformation vor (19075982072). Da finden sich Transkriptionen, Orchestrierungen und Arrangements berühmter Kompositionen von Luciano Berio. Die Aufnahmen mit dem Sinfonieorchester Basel unter Leitung von Ivor Bolton entstanden im Herbst des Jahres 2018 in der Schweiz.
Den Auftakt bildet Johann Sebastian Bachs unvollendeter Contrapunctus XIX aus der Kunst der Fuge, den auch Anton Webern zu rekonstruieren versuchte. Berios Version entstand 2001 im Gedanken an den italienischen Dirigenten Giuseppe Sinopoli. Sie ist geprägt von warmen, dunklen Tönen der Holzbläser, ergänzt um zwei Saxophonisten.
Manuel de Fallas Siete Canciones Populares Españolas für Mezzosopran und Orchester von 1922 erfuhren bereits 1978 ihre Bearbeitung. Sie entstanden für Berios Ehefrau Cathy Berberien, eine Ikone der zeitgenössischen Musik bis zu ihrem Tod 1983. Mit ihr muss sich die Solistin der neuen Einspielung bei Sony messen. Es ist die Sopranistin Sophia Burgos, die die sieben Lieder mit energischem Ansatz singt. Freilich wären ein sinnlicheres Timbre und ein rasanteres Temperament denkbar, was man sich vor allem für den letzten Titel, das turbulente„Polo“, wünschte. Am besten gelingt ihr das andalusische Wiegenlied „Nana“ in seiner verträumten Stimmung.
Der andere Gesangssolist der Aufnahme ist der Bariton Benjamin Appl, dem eine Auswahl von Liedern Gustav Mahlers anvertraut ist, die Berio 1987 orchestrierte und dabei ein reiches Farbspektrum nutzte. Die Titel stammen aus verschiedenen Liedzyklen des Komponisten. Aus den Sechs frühen Liedern erklingen „Frühlingsmorgen“, „Hans und Grete“, „Ich ging mit Lust“ und „Scheiden und Meiden“. Aus den Fünf frühen Liedern wurden „Um schlimme Kinder artig zu machen“, „Zu Strassburg auf der Schanz’“ und „Nicht wieder sehen“ ausgewählt. Mit seiner lyrischen Stimme singt Appl betont schlicht und mit guter Artikulation. Besonders klangvoll kommt der Bariton in „Ich ging mit Lust“ zur Wirkung. Trefflich malt er den düsteren Schauder von „Zur Strassburg“ aus und findet für „Nicht wiedersehen“ den passend fahlen Ton, der dann bis zur Verzweiflung gesteigert wird.
Zwei Bearbeitungen von kammermusikalischen Werken ergänzen die Auswahl. Da ist der populäre Finalsatz aus Luigi Boccherinis Quintett La Musica Notturna delle Strade di Madrid, der mit „Ritirata Notturna di Madrid“ betitelt ist. Wegen seiner Beliebtheit komponierte Boccherini von diesem Satz noch drei weitere Fassungen, die Berio 1975 für das Orchester der Mailänder Scala zusammenfügte und transkribierte. Die Wiedergabe durch das Sinfonieorchester Basel hat Schmiss und majestätischen Pomp, unterscheidet sich deutlich von der kammermusikalischen Vorlage.
Die Orchestrierung von Johannes Brahms’ viersätziger Sonate op. 120 Nr. 1 für Klarinette (oder Viola) und Klavier entstand 1986 als Auftragswerk der Los Angeles Philharmonic Association. Sony hat hier wieder den renommierten Soloklarinettisten der Wiener Philharmoniker Daniel Ottensamer besetzt, der schon im leidenschaftlichen 1. Satz, Allegro appassionato, starke Akzente setzt. Das kantable Andante un poco adagio und das Allegretto grazioso in Form eines Ländlers sind dazu starke Kontraste, welche der Solist plastisch herausarbeitet. Mit einem energischen Vivace schließt das Werk.
Die CD 2 von nur knapp zehn Minuten kann man als Bonus werten. Sie enthält vier Songs der Beatles, die Berio 1967 auf Anregung seiner Frau, die in ihre Liedprogramme solche Songs einbezog, bearbeitete. Si ist aber auch Beweis für das breite Spektrum des Orchesters und seines Dirigenten. Bernd Hoppe