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Insbesondere bei den Liedern von Richard Strauss ist der Hörer dankbar, wenn der Interpret ein gestandener Opernsänger oder das weibliche Pendant dazu ist, denn auch wenn die kleinen Kostbarketen nicht von einem Orchester , sondern vom Klavier begleitet werden, verlangen sie eine weite Spannbreite, ja vom zartesten lyrischen Feingefühl bis hin zum opernhaften Aufblühen der Stimme. Und so ist die britisch-deutsche Sopranistin Sarah Wegener die geeignete Interpretin der allerbekanntesten wie der weniger populären Lieder, dessen eines Titel, nämlich Zueignung, auch der ihrer CD ist. Es ist zugleich der erste Track und überzeugt durch den corpo der Stimme, die weit ausholen kann, sei es in Bezug auf die Lautstärke, sei es in Bezug auf die vokale Dichte. Als Kontrastprogramm folgt sogleich Gefunden, anmutig und lieblich dargeboten wie das darin besungene bescheidene Blümelein. Ein wirkliches Frauenlied ist Begegnung, obwohl von einem Mann getextet, und Sängerin wie der Pianist Götz Payer bringen es fertig, in die stürmische Begegnung eine Art Lachen einzubauen, sie auf „geküsst“ und „einander getan“, er in der letzten Strophe.
Die hoch liegende Heimliche Aufforderung durchmisst der Sopran im Plauderton, ehe er sich in der letzten Strophe auf „Pracht“ prächtig entfaltet, eine schöne Sehnsucht lässt sich in der letzten Zeile vernehmen, obwohl nicht die „Nacht“ zum Höhepunkt , sondern die Stimme hier eher zurückgenommen wird. Eine duftige Rokokostimmung, allerdings, und das geschieht nicht nur hier, auf Kosten der Konsonanten, wird in Das Rosenband verbreitet, sogar das „Elysium“ muss darunter leiden. Sehr weichgespült zu Ungunsten der Konsonanten klingt auch Die erwachte Rose, nur das Klavier tritt dem energisch entgegen. Versöhnt wird der Hörer mit „Glückes genug“, hervorgehoben mit einer beeindruckenden Fermate und viel Agogik. Eindeutig ein Männergedicht ist Rote Rosen, aber sehr weiblich interpretiert von Sarah Wegener. „Ruhig“, „Frieden“ und „Kühle“ als Schlüsselworte in Freundliche Vision treffen den Charakter des Lieds vollkommen, in Die Nacht wird der angstvolle Aufschrei „O die Nacht“ eingebettet in den sonstigen Text. Im populären Ständchen wetteifern Klavier und Stimme im „rieseln“ und „hüpfen“ miteinander, und sanft bleiben auch die „Wonneschauer“.
Auch in Traum durch die Dämmerung sind sich Stimme und Klavier darin einig, so weich wie farbenreich zu sein, das „Licht“ eine kleine Ewigkeit leuchten zu lassen. In Morgen! Kann man bewundern, wie das Klavier zu erzählen beginnt und die Stimme einsetzt, als fahre sie fort im Berichten. Schön wird die Steigerung von Strophe zu Strophe in Cäcilie herausgearbeitet, in Waldseligkeit beweist die Sängerin, dass sie ein schönes Piano in der Höhe wie in der Mittellage ohne Brüche durchhalten kann, variationsreich wird in Allerseelen das „wie einst im Mai“ gestaltet, Jubel wie Trauer werden im „O Glück“ von Befreit gleichermaßen ausgedrückt, und insgesamt bestätigt sich der Eindruck, dass ihre Sopranstimme auch einem Orchester und dessen Begleitung gewachsen wäre, dass ihre Darbietung absolut keine so verhuschte ist, wie das Cover weismachen möchte (AVI AvI 8553041). Ingrid Wanja