Höchste Opernehren wurden ihm mit dem Singen der Titelfigur bei der Scala-Eröffnung im Jahre 2018 bereits zuteil, und so ist es nur natürlich, dass der russische Bass Ildar Abdrazakov seine Verdi-CD bei DG mit der großen Arie des Attila beginnt, als Uldino assistiert von Rolando Villazón auf absteigendem Charaktertenor-Zweig. Anders als der Tenor, der auch noch als Ismaele zu hören ist, verfügt der Sänger des Hunnenkönigs über urgesunde, unanfechtbare, in Höhe wie Tiefe und in der Mittellage sowieso farbige Stimmmittel, machtvoll, aber nicht tückisch klingend, kein Wüterich, sondern eher ein recht menschliches Wesen im Widerstreit der Gefühle. Die Stimme ist wunderbar ebenmäßig geführt, in der Cabaletta flexibel, und die Höhenfermate am Schluss ist einfach imponierend.
Gar nicht so weit entfernt vom hunnischen ist der spanische König Filippo, nur noch eine Spur empfindsamer, mit einer gut tragenden mezza voce und einem schönen Piano für die Wiederholung von „amor per me non ha“. Der Stimmungswechsel in der Arie wird auch ohne Textverständnis hörbar gemacht, tieftraurig klingt das „nell‘ avello del Escorial“, eindrucksvoll kann auch eine Pause sein wie die vor dem letzten „Ella giammai m’amò“.
Zweimal ist Zaccaria vertreten, der vom unendlich erscheinenden Atem, den großen Bögen, der über dem Chor thronenden Stimme profitiert. Die Cabaletta lässt, so gesungen, nie den Gedanken an Umtata aufkommen. Das Gebet strahlt eine große Ruhe und viel Souveränität aus, der Sänger kann die Spannung ohne Einbrüche halten. Aufgewühlt klingt das Rezitativ des Fiesco, eine kleine Intonationsschwäche glaubt man in der Arie zu erkennen. Nochmal eine Superfermate beschert der Oberto dem entzückten Hörer, mit großzügiger Phrasierung und souveränem Crescendo-Decrescendo erfreut der Procida, mehr nach tragisch umflortem Machtmenschen, denn nach verlogenem Schurken klingt der Walter aus Luisa Miller.
Angemessen verhangen düster ertönt die Arie des Banco, sich steigernd im Grauen, im Erahnen des Unheils und berührend abgeschlossen mit dem Orchesternachspiel, das und nicht nur dieses vom Orchestre Métropolitain de Montréal unter Yannick Nézet-Séguin Verdis würdig dargeboten. Im zweiten Teil sanft altersmilde, in der Cabaletta völlig frei davon gestaltet Abdrazakov schließlich noch die Arie des Silva, und der Hörer weiß längst, warum der Sänger laut Booklet dem Komponisten dankbar ist für die schönen Arien, die dieser für die Bassstimme geschrieben hat (DG 483 6096). Ingrid Wanja