Aus Georgien

 

Niemand mag bezweifeln, dass das kleine Land Georgien ganz besonders schöne und ganz besonders kraftvolle Stimmen hervorgebracht hat, und das Booklet zur CD von George Gagnidze, Besitzer einer ihrer jüngsten, weiß auch einige aufzuzählen wie Paata Burchuladze, Anita Rachvelishvili oder Nino Machaidze und „vergisst“ dabei völlig den Säger, der dem Opernfreund als erster, nicht zuletzt weil auch ein Bariton, in den Sinn kommt: Lado Ataneli. In den letzten Jahren hat Gagnize auf den europäischen und amerikanischen Bühnen die Partien gesungen, in denen zuvor sein Landsmann, dessen Karriere plötzlich endete, große Erfolge hatte, und er weiß mit ähnlichen Qualitäten aufzuwarten wie zuvor sein „Vorgänger“. Das Cover der CD mit Werken von Mozart, Wagner, Verdi, Giordano und Leoncavallo zeigt einen distinguierten Herrn in Anzug, Weste, Krawatte. Der finstere Blick allerdings deutet eher auf die Brunnenvergifter unter den Baritonen hin, von denen dann auch einige wie Tonio, Luna und Macbeth, mehr jedoch im Verlauf der Handlung geläuterte wie Nabucco, Gerard, Germont oder Renato zu hören sind.

Wie auf die unverwüstlich erscheinenden Stimmbänder komponiert scheint der Prolog zu I Pagliacci zu sein, denn der Bariton klingt zwar nicht nobel, aber machtvoll, und der Sänger kostet voll die Möglichkeiten veristischen Singens aus, seine Stimme klingt gesund, und der Hörer befürchtet nie eine Überbeanspruchung der Stimmbänder. Man hört mit Freude die Lust am Ausspielen der Potenz der Stimme, so in der beachtlichen Fermate auf „incominciate“. Der Gerard von Gagnidze ist von schöner Nachdenklichkeit, singt agogikreich, die Töne werden schön ausgeformt und gerundet, die sichere, farbige Höhe besticht. „Muss das sein“, denkt man zu Beginn von „La Provenza il mar“, schon zu oft gehört, und ist dann doch begeistert von der Konsequenz, mit der das Piano durchgehalten wird, ein ganz neuer padre vor dem geistigen Auge ersteht, dem das Aufbrausende wie das Klägliche in den gefühlvollen Pianissimi genommen ist zugunsten einer gefühlvollen Altersmilde, so dass das Aufbrausen des figlio kein gutes Licht auf den Alfredo wirft.

Weiter geht es mit einem im Rezitativ reichlich verquollen und dumpf klingendem Macbeth, der dann aber in der Arie (Rispetto!) mit schönem Legato, geschmackvoller Fermate, die die musikalische Linie nicht sprengt,  und geschmeidiger Stimmführung, die schöne Crescendi und Decrescendi ermöglicht, besticht. Das Gebet des Nabucco wird bruchlos in weitgespannten Bögen durch die Register geführt, im Rezitativ des Luna bleibt der Bariton auch im Forte scharf konturiert, die generöse Phrasierung ist auch hier auch großes Plus. Etwas vokales Zähnefletschen sei dem Renato verziehen, weil der Hörer stark berührt im „è finito“ eine verwundete Seele zittern hört. Der letzte Verdi-Held ist Rodrigo mit leider nur dem letzten Teil seines Ablebens, auch hier kann man bewundern, wie geschickt auf einen Höhe- und Schlusspunkt hingearbeitet wird.

Für den Wolfram ist die Stimme zu dunkel und schwer, das Deutsch zu bemüht klingend, und Don Giovannis Champagner-Arie ist ein Parforceritt, aber eher auf einem etwas schwergängigen Kaltblüter. Einfühlsam begleitet Stefan Solyom mit der Staatskapelle Weimar (Orfeo C210221). Ingrid Wanja