Wohl noch einmal wissen wollte es Edita Gruberova und nahm nicht nur bei ihrem (hauseigenen?) Label Nightingale eine reine Mozart-CD (NC 0715602) unter dem Titel Mozart-Arias auf, sondern gab inzwischen auch bereits Konzerte mit diesem Programm. In ihm befinden sich einige der bekanntesten Arien überhaupt, allerdings nicht mehr die der Königin der Nacht, einst eines der cavalli di battaglia des Soprans. Es beginnt mit zwei Arien der Konstanze, „Traurigkeit“ und „Martern aller Arten„, die eine intakte Stimme dokumentieren, allerdings auch einige Eigenarten, die aus der Figur ein eigenartiges Kunstwesen machen durch ein sehr manieriert angelegtes Rezitativ mit einem geschmäcklerisch klingenden „leiden“ und mit verhuschten Endsilben auf „Traurigkeit“ und „Lose“ in der Arie. Die Sängerin neigt häufig zu einem zu kurzen, nicht voll ausgesungenen Phrasenschluss, zarte Tongespinste verführen sie manchmal zu einem verwaschenen Ton. Ansonsten erscheint der Sopran als gut und exakt konturiert, und auch die Phrasierung ist, abgesehen von den genannten Einwänden. stimmig. Diese Konstanze neigt wahrscheinlich für manchen Geschmack etwas zur Larmoyanz, wirkt als Figur geziert und scheint auf „armes Herz“ sogar etwas zu kokettieren. In der „Martern“-Arie ist die Tiefe fahl, ja geradezu alt klingend, während auch die extremen Höhen kaum einmal schrill klingen und die Virtuosität des Singens Bewunderung abnötigt. Leid tun kann dem Hörer der Ottavio, denn als Donna Anna lässt sie deren Rezitativ zu „Non mi dir„ eher zickig als tragisch erklingen und tippt auch hier manchen Ton nur an statt ihn auszusingen. Fiordiligis Rezitativ zu „Come scoglio„ bleibt unverbindlich, der Beginn der Arie wird mit vorsichtig angegangener Tiefe eher geraunt, insgesamt erscheint hier das Timbre als nicht jung genug für die Figur, die Bewältigung der Arie allerdings geglückt, auch wenn die Gestaltung zu deren Gunsten etwas zurücktritt. Am besten gefallen kann, was die Rezitative betrifft, das zu Susannas Rosenarie, denn hier wird etwas von deren Schelmerei hörbar. Besonders gut gelungen ist auch der Schluss, im Verlauf der Arie hätte man sich etwas mehr Aufblühen anstelle des im Knospenstadium Verharrens gewünscht. Scharfe Töne hat La Gruberova für die Arie der Sifare aus Mitridate, ein bewundernswertes Virtuosentum beweist sie in der der Fortuna aus dem „Scipione“, während die Arie der Elettra „D’Oreste e d’Ajace„ aus Idomeneo nach einem energisch angegangenem, charaktervollem Rezitativ durch Rasiermesserschärfe dem Charakter der Prinzessin nahe kommt, das „Gekecker“ auf dem Höhepunkt der Erregung Geschmackssache sein dürfte. Insgesamt nötigt diese sportliche CD-Bewältigung angesichts des Alters der Sängerin eher gruselige Bewunderung ab. Geschönt wird der Zustand der Stimme durch das einfühlsame Spiel des Orchesters L’Arte del Mondo unter Werner Ehrhardt.
Ingrid Wanja