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Seinem reichen Katalog von Lully-Einspielungen fügt Christophe Rousset mit der Tragédie lyrique Psyché eine weitere Perle hinzu. In seiner Collection Chateau de Versailles bringt das französische Label VERSAILLES die im Januar 2022 in der Opéra Royal de Versailles entstandene Aufnahme auf zwei CDs heraus (CVS086). Die mythologische Fabel ist Lullys sechstes Werk im Genre der Tragédie lyrique und erzählt von den Prüfungen, die der jungen Psyché durch den Gott Amour auferlegt werden, den die Göttin Vénus aus Eifersucht der schönen Sterblichen gesandt hat.
1678 wurde das Stück uraufgeführt als Umarbeitung einer Tragikomödie gleichen Titels von 1671. Es beginnt in barocker Manier mit einem Prologue, in welchem Vénus, erzürnt über Psyché, Amour befiehlt, diese in den unwürdigsten aller Männer verliebt zu machen. Die Titelheldin erscheint 1. Akt, bereit, sich den Göttern zu opfern, um das Land von einer Schlange zu befreien, die Vénus den Menschen geschickt hat, um sie zu bestrafen – haben sie es doch gewagt, Psychés Schönheit mit jener der Göttin zu vergleichen. Ambroisine Bré, aufsteigender Stern am französischen Sopran-Himmel, singt mit feinen Valeurs und großer Empfindsamkeit.
Auch Vénus ist mit einem Sopran besetzt und wird von Bénédicte Tauran wahrgenommen. Sie tritt bereits im Prologue auf und formuliert mit strengem Ton der Göttin Zorn. Die Sopranriege komplettiert Deborah Cachet als Amour. Im 2. Akt hat sie mehrere Szenen mit Psyché und gefällt mit lieblicher Stimme. Der bekannte Barock-Interpret Cyril Auvity gibt den Mercure, der im 5. Akt auf Befehl Jupiters (resolut der Bassist Philippe Estèphe) Psychés Leiden beendet, hatte sie doch durch das Einatmen giftiger Dämpfe aus einem Kästchen Proserpinas den Tod gefunden. Der Göttervater selbst steigt in einer Glorie herab, verleiht Psyché Unsterblichkeit und vereint sie mit Amour. Ein Divertissement mit Göttern, Musen und Satyrn sorgt für einen festlichen Schluss.
Mit seinem Ensemble Les Talens Lyriques fächert Christophe Rousset die Musik in ihrer Vielfalt mit einem reichen dynamischen Spektrum auf. Gravitätisch die Ouverture, munter die Ritournelles, ernst die Plainte italienne, feierlich die Airs, wild die Airs des démons. Mit der ausgedehnten Scène dernière entfaltet der Dirigent noch einmal den ganzen Glanz und Pomp des Genres. Hier werden Bacchus, Mars und Apollon gefeiert, werden die Musen besungen. Der Choeur ist solistisch besetzt und von hoher Klangqualität. Wenn er zuletzt „Chantons les plaisirs charmants“ anstimmt, ist das Vergnügen tatsächlich groß (24. 01. 23). Bernd Hoppe