Vermächtnis

 

Das Cover der CD lässt Die Verlobung im Kloster oder Eine Nacht in Venedig, aber mit traurigem Ausgang, vermuten, niemals aber Il Tabarro aus Puccinis Trittico. Eine in einen roten Domino gewandete Blondine, eine güldene Maske in der Hand, schreitet durch einen Kreuzgang mittelalterlichen Anstrichs und guckt tragisch, der Wind bauscht ihren Mantel zu attraktivem Gewoge. So unüberlegt die äußere Aufmachung, so großzügig und kenntnisreich ist das Booklet gestaltet mit einer Einführung in den Einakter, Künstlerportraits und dem Libretto in Italienisch, Englisch und Deutsch. Wichtiger aber noch ist, dass eine der schönsten, wenn nicht die bedeutendste, leider viel zu früh verstummte Tenorstimme unserer Zeit auf der CD verewigt ist.

Es handelt sich um Johan Botha, gleichermaßen kompetent im italienischen wie im deutschen Fach und als Luigi ein Wunder an Strahlkraft, an melancholischem Timbre und an einer Stimme ohne Registerbrüche präsentierend. Herzzerreißend ist die Klage „Hai ben ragione“, ergreifend der Aufschrei „Preferisco morir“, extrem leidenschaftlich und dabei doch kontrolliert das „Folle di gelosia!“ Die CD ist einfach sein Medium, weil die etwas unglückliche Optik den vorzüglichen akustischen Eindruck nicht trüben kann.

Ein würdiger Gegenspieler ist ihm als Michele Wolfgang Koch mit guter Diktion, mit virilem Timbre, das die lauernde Gewaltbereitschaft vernehmen lässt, und mit sehnsuchtsvollem „Ah, ritorna“. Der Bariton zeigt das Vermögen, jede Seelenregung, auch wenn man den Text nicht verstehen könnte,  dem Zuhörer zu vermitteln.

Die Giorgetta von Elza van den Heever dürfte für manchen Geschmack zu spitzig klingen, nicht erotisch genug und nur in „E ben altro il mio sogno“ etwas weicher und damit rollengemäßer. Von der unterdrückten Lebens- und Liebeslust kann sie dem Hörer wenig vermitteln, eine typische Puccinistimme ist die ihre nicht. Rollengemäß recht schrill ist die Frugola, sehr eindringlich im „Ho sognato“, von Heidi Brunner. Charles Reid verkörpert gleich drei Partien mit Il Tinca, Liebender und Liederverkäufer und weiß jeder der Partien ein unverwechselbares vokales Profil zu verleihen. Janusz Monarcha ist der bassbärbeißige Il Talpa.

Wie ein schwerer grauer Himmel über der Seine lastend hört sich das Vorspiel unter Bertrand De Billy an, leichtfüßig die tänzerischen Elemente und durchgehend ist das ORF Wiener Radio Sinfonie Orchester der kompetente Vermittler einer überaus dichten Atmosphäre, die den Hörer gefangen zu halten weiß (Capriccio 5326). Ingrid Wanja