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Mit gleich zwei Uraufführungen eigener Werke beschenkte der von 2008 bis 2022 in Freiburg wirkende Dirigent und Komponist Fabrice Bollon das dortige Publikum, inzwischen ist er seit 2022 Generalmusikdirektor der Staatskapelle Halle ist. Nach Oskar und die Dame in Rosa, der Geschichte eines krebskranken Jungen, folgte 2021 The Folly, eine Oper, in deren Mittelpunkt der Reformator Erasmus von Rotterdam und seine Auseinandersetzungen mit Martin Luther und Ulrich von Hutten stehen, dazu kommt eine allegorische Figur, Stutitia, die Verkörperung der Torheit, die immer mal wieder triumphieren kann. Im Zentrum des fünfaktigen Stücks steht im dritten Akt die Auseinandersetzung zwischen dem jede Art von Gewalt ablehnenden, zögerlichen Erasmus mit dem entschlosseneren Martin Luther, die in deutscher Sprache geführt wird, während neben dem Lateinischen für die drei unterschiedlichen Päpste, dem Baseldütsch für die Auseinandersetzung mit der Haushälterin Margarethe Büsslin, auch die englische und die niederländische Sprache Einzug in das Libretto von Clemens Bechtel gehalten haben.
Ebenso vielfältig ist die Instrumentierung mit einem klassischen Orchester und dazu Elektro-Violine, ebensolchem Cello, Keyboard, das Einbauen von U-Musik und elektronischen Klängen. Die Erzdiözese Freiburg förderte übrigens das Projekt.
The Folly gibt es als Doppel-CD, aber viel mehr hätte man von einer DVD gehabt, denn egal ob Niederländisch oder Basler Deutsch, man kann dem Geschehen nur mit Mühe einigermaßen folgen, wird allerdings von einer sehr ausführlichen Inhaltsangabe im Bemühen darum unterstützt und von einer Trackliste, mit deren Hilfe man erst einmal überhaupt die einzelnen Figuren identifizieren kann. Auch die vielen Fotos von der Uraufführung in Freiburg sind eine Hilfe beim Erfassen des Werks.
Für ein relativ kleines Dreispartentheater wie Freiburg ist die Besetzung geradezu erstaunlich gut und auch das Philharmonische Orchester Freiburg, Chor und Extra- sowie Kinderchor unter der Leitung des Komponisten leisten Erstaunliches an, Präzision, Klangfülle und Straffheit. Den Erasmus singt Michael Borth mit so geschmeidigem wie sonorem Bariton, Roberto Gionfriddo ist mit kraftvoll eiferndem Tenor Martin Luther, Ulrich von Hutten ist dem mit Nachdruck differenzierendem Mezzosopran von Inga Schäfer anvertraut und muss sich nur, was Kraft betrifft, gegenüber dem Erasmus geschlagen geben. Ihr „Deutschland muss frei sein“ bleibt in Erinnerung. Vollmundig nimmt sich Anja Jung der Haushälterin Büsslin an, während John Carpenter einen würdig klingenden Petrus singt. Zvi Emanuel-Marials Countertenor wird desto präsenter, je höher er steigen darf. Einen feinen Sopran hat Agostina Migoni für die Mother, Stavros-Christos Nikolaou ist der sonore Priest, auch alle anderen enttäuschen keineswegs und legen Zeugnis ab für die hohe Qualität, die an einem Provinztheater erreicht werden kann (Naxos 8.660545-46). Ingrid Wanja